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Darauf achten Verlagslektoren am meisten bei eingereichten Manuskripten

Autoren-Brief
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Gibt es einen Tatbestand, der bei der Verlagssuche gleich zu einem Ausschluss führt? Auf was achten Lektoren oder Literaturagenten am meisten bei unverlangt zugesandten Manuskripten? Worauf muss ich als Autor besonders achten, wenn ich von einem Verlag oder von einer Literaturagentur überhaupt zur Kenntnis genommen werden will.

Ich werde hier eine Antwort versuchen. Zunächst, den Lektor oder den Literaturagenten gibt es nicht. So verschieden die Menschen, so unterschiedlich auch ihre Herangehensweise. Der eine Lektor legt besonderen Wert auf jenes, der andere Lektor auf dieses.

Insofern können wir hier nicht die Elle anlegen wie der Maßschneider bei seiner Arbeit. Ich kann jedoch davon berichtet, wie mein Team und ich es gehalten haben. Lange Zeit bin ich Cheflektor in einem großen Sachbuch-Verlag mit Millionen-Umsätzen gewesen, anschließend Geschäftsführer. Bei meiner Arbeit kam immer wieder dieser eine Aspekt ans Licht, auf dessen Erfüllung ich stets bestanden habe. Ohne das Einlösen dieses Kriteriums ist selbst das beste Manuskript im Papierkorb gelandet.

Sicherlich, die anderen Parameter sind auch wichtig gewesen. Thema und Verlag müssen harmonieren, geschenkt, die allererste Selbstverständlichkeit. Dazu ein schlüssiger Aufbau des Manuskriptes, ein packender Stil, die korrekte Orthografie und eine fehlerfreie Grammatik. Alles von Bedeutung, keine Frage. Aber das meiste eben auch Rahmenbedingungen, die sich zur Not in einem guten Lektorat ausbessern lassen. 

Doch mein Killer-Kriterium lässt sich nicht ausbessern. Dieser Schwachpunkt ist vorhanden oder eben nicht. Ich will Sie nicht auf die Folter spannen. Mein wichtigstes Merkmal bezieht sich auf das Verhältnis Text zu Autor. Es kreist um die Frage: Ist der Autor glaubwürdig als Verfasser dieses Manuskriptes? Ist er sachkundig und beschlagen, dieses Buch zu schreiben?

Die Lektorate nennen diesen Aspekt heute Autorenkompetenz. Was befähigt den Autor oder die Autorin, gerade dieses Buch zu schreiben? Der Autor muss das Thema glaubwürdig vertreten. Denn sonst wird es spätestens bei der Vermarktung peinlich. Über einen Rechtschreibfehler kann man großzügig hinweg schauen, nicht aber über mangelnde Kompetenz.

Autorenkompetenz bedeutet nicht, dass man ein einschlägiges Studium vorzuweisen hat. Und man muss auch keinen Mord begehen, um einen Krimi zu schreiben. Aber ich möchte als Lektor wissen, welcher Umstand den Autor befähigt, genau dieses Thema anzupacken. Es gilt vor allem für Sachbücher, aber auch für Belletristik. Worin besteht das Bindeglied von Autor und Manuskript?

Wenn ich als Cheflektor das Buchprojekt vor Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und Außendienst anpreisen musste, dann kam das Thema Kompetenz des Autors ständig auf den Tisch. Das schlimmste Urteil dort: Der Autor passt nicht zum Thema. Oder auch: Das Thema passt nicht zum Autor. Beides macht keinen Sinn.

Der Buchmarkt mit seinen 80.000 Neuerscheinungen pro Jahr ist so wettbewerbsintensiv, dass ein guter Verlag sich in diesem Punkt keine Angriffsfläche leisten kann. Mir ist solches in einer schwachen Stunde einmal passiert, gemerkt hat man es am Verkauf. Seitdem ist die glaubwürdige Einheit von Autor und Thema für mich unverhandelbar und auch nicht wegzutrinken.

Bei der Beurteilung eines Buchprojektes geht deshalb mein Blick zuallererst auf diese Einheit von Autor und Inhalt. Dabei muss die Kompetenz nachweisbar und schlüssig dargelegt sein. Über eine Ausbildung, über Fähigkeiten, über persönliche Erfahrung oder Erlebtes. Denn Verlage veröffentlichen keine Bücher, Verlage veröffentlichen Kompetenz.  

Glaubwürdigkeit lautet letzten Endes der Anspruch. Ohne sie geht es nicht. Deshalb sollte jeder Autor noch vor dem Schreiben des Manuskriptes, eigentlich schon bei der Ideenfindung, in sich gehen. Und sich eine ehrliche Antwort geben auf die Frage, die spätestens bei der Prüfung im Lektorat auf ihn wartet: Bin ich als Autor wirklich kompetent für dieses Thema?

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Der Souverän…

  1. Wunderbar. Dann mache ich mir keine Sorgen, einen Verlag zu finden. Buch Titel: „Der Partnervermittler – Wa(h)re Liebe“

  2. Ist das nicht doch sehr auf Sachbücher bezogen? Belletristik wird zwar erwähnt, aber welche Eigenschaften befähigen denn besonders dazu, einen Fantasy-Roman zu schreiben? Oder einen Young-Adult-Roman um attraktive Vampire? Oder einen Arztroman mit Herzschmerzinlay? Ist das immer dasselbe: Sprachgefühl? Passendes Alter? Oder muss der SF-Autor auch Ingenieur oder Physiker sein? Der Romanzenschreiber auch drei Mal verheiratet gewesen sein?

    Bei Sachbüchern, wie gesagt, ist der Punkt selbstverständlich. Aber bei fiktionalen Werken?

    Herzlichen Gruß

    • Mit »Kompetenz« muss doch nicht automatisch »Sach-« bzw. »Fachkompetenz« gemeint sein.

      Das Missverhältnis zwischen »schreiben können« und »Schreiben können« ist eklatant – zumindest kann ich das aus meiner Sicht, Erfahrung und aus meinem Bauch heraus so formulieren.

      Nein, man muss nicht auf Physik, Astronomie oder Medizin studiert haben, um ein Werk in diesen Themen zu schreiben. Aber ja, man muss das Schreiben können, wenn man dem Verlag vermitteln möchte, dass er nicht ganz unbeleckt ist. Und so etwas zeigt sich bereits unmittelbar beim Anschreiben. You never get a second chance …

  3. Martin Völler

    Verstanden. Mein Manuskript (Politthriller im Präsens geschrieben) liegt seit 20 Jahren in der Schublade. Wird immer besser, ähnlich dem gut gelagerten Wein. Warum den Weg durch die Instanzen gehen? Wird schon.

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