Wolfgang Stock
Autoren-Brief
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Der Autor setzt unter sein Manuskript das magische Wort Ende. Alles wunderbar. Es fehlt nur noch der Klappentext. Hier tun sich viele Autoren schwer. Denn der Verfasser eines guten Klappentextes muss nun den Marketing-Hut aufsetzen, dies ist für viele Autoren und Autorinnen eine ungewohnte Rolle. Dazu ein paar Anmerkungen und Anregungen.

Bestmögliche Klappentexte sind für den Erfolg wichtig, nicht selten entscheiden sie über Kauf oder Nichtkauf. Mit ihrer Streugenauigkeit sind sie ein unmittelbarer und auch verlässlicher Verkaufstreiber für ein Buch. Ein Klappentext folgt festen Regeln, die sich über die Jahre bewährt haben.

Wenn wir von einem Hardcover mit Schutzumschlag reden, so benötigen wir eigentlich drei Klappentexte. U2, U3 und U4. Damit sind, so Verlagssprache, die jeweiligen Umschlagseiten gemeint. Streng genommen ist die U4 – die Rückseite des Buches – ja keine Klappe, sie spielt jedoch im Konzert der drei Texte einen starkstimmigen Part. Schauen wir uns deshalb das ausführliche Konzept inklusive Schutzumschlag an. Zäumen wir das Pferd von hinten auf.

Die Aufgabe der U4:
Klare Aufgabe der U4 eines Buches ist das Verkaufen. Wenn ein potentieller Kunde das Buch aus dem Regal des Buchhändlers zieht, geht sein Blick zuerst auf das Cover mit Grafik, Autor und Titel. Bei Gefallen dreht er das Buch auf die Rückseite. Auf dieser U4 muss der Text jetzt messerscharf sitzen und überzeugen, vom ersten Satz an. 

Die Rückseite eines Buches ist begrifflich nicht zu verwechseln mit dem Buchrücken. Als Buchrücken bezeichnet man den schmalen Streifen, der beim Buch im Regal sichtbar bleibt. Um solchen Verwechslungen vorzubeugen, wird in den Verlagen üblicherweise von der U4 gesprochen. Da das Verkaufen im Vordergrund steht, wird in manchen Verlagshäusern die U4 gleich von der Marketing-Abteilung entworfen. Ansonsten von Lektor und Autor in Absprache. Der Self Publisher macht es, wie so vieles, in Eigenregie. 

Auf dem Backcover, auch so wird die Rückseite genannt, sollte Thema und Grundidee in vier, fünf eingängigen Sätzen angerissen werden. Nicht mehr als zehn Zeilen! Ziel ist nicht, den Inhalt zusammenzufassen, sondern den Leser auf die Schnelle thematisch anzufixen und Neugierde zu erzeugen. Das Ganze in mittelgroßer Typografie und am besten im Blocksatz. Zum Schluß – optisch abgesetzt – ein USP-affiner Satz à la Der neue Rheinland-Thriller von Marion Mustermann.

Viel halte ich davon, mit Testimonials zu arbeiten. Dies können Presseclips, Rezensionen oder (vorab) lobende Worte von namhaften Multiplikatoren sein. Bei meinen Anfragen zu Testimonials von prominenten Autoren bin ich meist auf offene Türen gestoßen. Man sollte diese Chance nutzen. Denn solche Testimonials kombinieren im Idealfall die Inhaltsbeschreibung und den Empfehlungscharakter. Typografisch sollte hierbei eine größere Schrift gewählt werden, auch eine unterschiedliche Schriftart.

Ein guter Text auf der Rückseite soll den potentiellen Käufer packen, der ja manchmal nicht mehr als das eingeschweißte Buch zur Information in der Hand hält. Insofern sollte jeder Autor den Rückumschlag als die optimale (und auch preiswerteste) Werbefläche für sein Buch sehen. Nicht platt und schlicht, sondern klug und überzeugend. Mit kurzen und klaren Sätzen. Ruhig in einem durchaus emotionalen Stil, der den Kaufimpuls kitzelt. Denn eine gute U4 schreit kräftig: Kauf mich!

Die Aufgabe der U3:
Die U3 – die hintere Klappe – dient dazu, ein Band der Sympathie zwischen Autor und Leser zu knüpfen. Über die Autoren-Vita sollte ein gutes Portrait platziert werden, geschossenen von einem professionellen Fotografen. Dann kurz die Infos über Name, Geburtsjahr, Wohnort – alles in ein, zwei netten Sätzen gekleidet. Familie, Kinder und Tiere präsentieren einen Autor als nahbar. Es darf ruhig menscheln. Marion Mustermann lebt mit Mann, ihren zwei Kindergarten-Kindern und Kater Frido in Bensberg.

Nach den üblichen Lebensdaten sollte der Autor auf der U3 in einem Satz beiläufig noch seine (inhaltliche) Autorenkompetenz andeuten. Marion Mustermann arbeitet seit 12 Jahren in der Pathologie der Universitätsklinik Köln. Idealerweise sollte dadurch die Frage beantwortet werden, was den betreffenden Autor für das Verfassen dieses Buches qualifiziert.

Die Aufgabe der U2:
Am schwierigsten ist die U2, die vordere Klappe. Hier gilt es, die Vorfreude auf das Lesen des Buches anzufachen, ohne zu viel zu verraten. In vier oder fünf Sätzen sollte die Kernhandlung umrissen werden. Nicht den gesamten Plot ausbreiten, oft kann man den Fokus auf die Handlung der ersten zwei, drei Kapitel legen. Wenn es sich anbietet, aus Sicht des Protagonisten.

Als Ausklang der U2 kann man versuchen, den Klappentext mit einem Cliffhanger zu beenden. Oft wird ein unterbrochener Spannungsbogen in eine offene Frage gepackt. Oder er versteckt sich hinter einer Feststellung, die mit ihrem Bedarf nach Klärung zugleich die Lust aufs Weiterlesen anregt.

Erfolgreiche Werbung funktioniert häufig nach einem simplen Dreisatz: Problem aufwerfen, Angst machen, Lösung anbieten. Mundgeruch, keine Freunde, Odol. Bei einem guten U2-Text verhält es sich ähnlich. Der Protagonist im Krimi steht vor einem Problem, soll heißen, der Kommissar vor seiner zweiten Leiche. Treibt ein Serienmörder im feinen Rodenkirchen sein Unwesen? Nur der dritte Schritt – die Lösung – muss man sich im Klappentext verkneifen.

Ohne Schutzumschlag konzentrieren sich üblicherweise die meisten Texte auf die U4. So wird im Taschenbuch oder E-Book ein wenig anders verteilt. Manches wird – so die Autoren-Vita – dann gerne zu Beginn des Buches, meist auf der Rückseite des Schmutztitels, also auf der Buchseite 2, untergebracht. Zur Not sollte sich ein Autor bei einem Buch ohne Schutzumschlag auf der U4 kürzer fassen. Das muss nicht verkehrt sein.  

Als Faustregel für alle Klappentexte von U2 bis U4 gilt sowieso: Lieber kurz denn lang, lieber emotional denn trocken. Aber Vorsicht! Zur Autorenkompetenz gehört vor allem Glaubwürdigkeit. Ein Autor sollte auf den Klappen nichts versprechen, was er im Buch nicht halten kann. Selbstüberhöhungen à la Der Thriller, der Maßstäbe setzt geraten albern, ebenso wie das Herbeireden eines „Bestsellers“, der sich im Nachhinein als Rohrkrepierer erweist. Verkaufen ja, aber das Marketing muss authentisch sein und zu Buch, Autor und Leser passen.

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