Wolfgang Stock
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Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Jeder Autor hat so seinen Traum. Meist fängt es bescheiden an. Man ist schon froh, wenn man einen Verlag findet, der das Manuskript als Buch veröffentlicht. Alleine das ist schon schwierig genug. Ist das Buch dann in einem schönen Verlag erschienen, bangt man, ob es sich richtig gut verkauft. Noch schwieriger. Solche Wünsche eint wohl alle Verlagsautoren.

Verlagsautor, endlich! Doch Autor ist nicht gleich Autor. In der Hierarchie großer und erfolgreicher Verlage gibt es drei Stufen von Autoren. Erst wenn man die dritte, die höchste Stufe erreicht hat, erklimmt man pekuniär den Literaten-Olymp. Erst dann leuchtet es sattgrün auf dem Bankkonto. Doch, wie definieren sich die drei unterschiedlichen Stufen?

Die erste Stufe. Auf der ersten Stufe in der Verlagshierarchie finden wir den normalen Autor. Normales Thema, normale schreiberische Reputation, normales Honorar. Auf dieser Stufe greift der Standard. Die übliche Tantieme, wie für 80 Prozent der Kollegen auch. 8 bis 10 Prozent vom Netto-Ladenverkaufspreis (LVP abzüglich 7 % Mehrwertsteuer). Keine Diskussion.

Die zweite Stufe. Die zweite Stufe erreichen jene Autoren und jene Buchprojekte, die mit besonderen Ambitionen und Erwartungen ins Rennen gehen. Hier erhält der Autor nicht nur die schnöde Tantieme-Regelung, sondern zudem ein Garantiehonorar. Ein Garantiehonorar ist eine Vorschusszahlung, die mit zukünftigen Tantiemen verrechnet wird. Non-returnable Advance against Royalties steht in solchen Fällen in internationalen Verträgen.

Als Clou: Das Garantie-Geld muss nicht zurückgezahlt werden. Verkauft ein Verlag weniger als dem Autor nach Ausgleich der Garantie zusteht, dann hat der Verlag Pech gehabt. Der Autor kann die Garantie behalten. Verkauft er mehr, dann erhält der Autor natürlich zusätzliche Tantieme-Zahlungen für alle über die Garantie hinausgehenden Ansprüche.

Dabei ist die Höhe einer solchen Garantiezahlung kein willkürlicher Wert, sondern errechnet sich nach einer betriebswirtschaftlichen Formel: der hälftigen Verkaufserwartung. Beispiel: Pro verkauftes Buch steht dem Autor eine Tantieme von 1,80 Euro zu. Man hegt eine Verkaufserwartung von insgesamt 20.000 Exemplaren. Für 10.000 Exemplare könnte also eine Garantiezahlung erfolgen, demnach in Höhe von 18.000 Euro.

Und auch die Höchst-Tantieme wird auf der zweiten Stufe ein wenig höher geschraubt, vielleicht um 1 oder 2 Prozentpunkte, aber das ist nicht das Wesentliche. Ich würde als Autor vielmehr versuchen, die Garantiezahlung nach oben zu verhandeln. Denn eine hohe Garantie setzt den Verlag unter Druck, das entsprechende Buch zwecks Refinanzierung auch kräftig zu bewerben.

Die dritte Stufe ist dann die Königsklasse. Der Autor, sein Themengebiet und die Zielgruppe sind so extraordinäre, dass man ihm eine Spezialbehandlung angedeihen lässt. Das Verlagshaus bietet dem Autor einen Drei-Buch-Vertrag an. Der Autor verpflichtet sich dabei, seine drei nächsten Bücher dem Verlag zu überlassen und nirgends anders zu veröffentlichen. Im Gegenzug klingelt beim Autor die Kasse. 

Ein Mehr-Buch-Vertrag, der sich üblicherweise über mehrere Jahre erstreckt, wird meist fürstlich entlohnt. Für das Gesamtpaket wird eine Summe aufgerufen, die nach und nach ausgezahlt wird. Ein typisches Beispiel: Eine Autorin bindet sich exklusiv an den Verlag mittels eines Drei-Buch-Vertrages. Dafür wird eine Summe von insgesamt 400.000 Euro vereinbart. 100.000 Euro fließen nach Unterzeichnung der Abmachung, weitere 100.000 Euro jeweils bei Ablieferung eines der drei Manuskripte.

Auch hier werden die zukünftigen Tantiemen gegen das gezahlte Geld verrechnet. Sollte mehr verkauft werden, dann greift natürlich weiterhin die Tantieme-Regelung. In Bezug auf die Höhe der Tantieme geht bei dieser Gruppe ein Verlag an seine Schmerzgrenze, die irgendwo bei 14 bis 15 Prozent liegt. Für den Autor ist all dies eine kommode Vereinbarung, das Risiko trägt der Verlag, das Geld fließ kontinuierlich. 

Solch einen First-Class-Status erhalten selbst in den großen Verlagen nur ganz wenige Autoren. Vielleicht zwei oder drei, über alle Programme gesehen. Ziel dieser Mehr-Buch-Verträge ist natürlich, Seitensprünge der Autoren oder Abwerbungen von vornherein zu unterbinden.

Man sieht, auch Autoren in den Verlagen bilden keine homogene Einheit. Dafür sind die Voraussetzungen und vor allem die Erwartungen zu unterschiedlich. An die Mehr-Buch-Autoren werden entsprechend höhere Ansprüche gestellt. Seller-Hoffnungen, die bei solch hohen Investitionen nicht enttäuscht werden dürfen. Der Druck bleibt. Für alle. 

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