Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Der optimale Preis für mein Buch? Darauf gibt es eine kurze Antwort: gibt’s nicht. Der Preis ist für viele oft Glückssache. Das Problem ist, dass es ein Buch nicht gibt. Es gibt Hardcover, Taschenbücher, wissenschaftliche Literatur. Bücher mit breiter oder solche mit spitzer Zielgruppe. Bücher von bekannten Autoren und solche von Newcomern.

Insofern können wir uns dem Thema nur nähern. Zunächst gibt es eine betriebswirtschaftliche Betrachtung. In den klassischen Verlagskalkulationen macht die gesamte technische Herstellung etwa 15 Prozent der Gesamtkosten aus. Wenn man für sein Projekt also die Kosten für Satz und Druck zusammenrechnet und durch die avisierte Auflage teilt, erhält man den Betrag Herstellkosten pro Exemplar. Sagen wir 2,20 €. Diesen Betrag können wir mit dem Hebesatz 7 (ca. 15 % von 100) multiplizieren, dann kriegen wir einen möglichen Verkaufspreis. In diesem Fall 15,40 €. Ab diesem Preis, so die Daumenregel, kann ich Gewinn erzielen. Darunter, eher Verlust.

Diese rein kalkulatorische Betrachtung wird einem Projekt natürlich nicht gerecht, zumal jeder Verleger andere Kostenstrukturen hat. Zu unterschiedlich sind zudem die Zielgruppen und Auflagenhöhen. Wissenschaftliche Literatur ist teuer. Fachliteratur, die man ja meist von der Steuer absetzen kann, ebenso. Wer jedoch als Selfpublisher beispielsweise pro Exemplar lediglich den doppelten Druckpreis nimmt, rennt in eine Falle. Sobald ein Barsortimenter oder Einzelhändler das Buch bestellt und 50 Prozent Rabatt anfallen, bewegt er sich im roten Bereich.

Zum Thema Preistest. Ich habe in meinem Berufsleben einige Male Preistest durchgeführt. Das geht so: Als Fachverleger versendet man vor Veröffentlichung eine Offerte an – sagen wir – 300 Stammkunden für Pre-Order. Stückelt aber. 100 Kunden erhalten das Angebot für 19,90 €, weitere hundert für 29,90 € und nochmals hundert Kunden eine Offerte über 39,90 € für das gleiche Buch. Erstaunlich, dass bei all meinen Preistests im Prinzip immer das gleiche herauskam. Die höchste Bestellzahl verzeichnete der kleinste Preis, den höchsten Umsatz (Stückzahl mal Preis) allerdings der höchste Preis. Also: 5 Bestellungen zu 39,90 € erzielen mehr Einnahmen als 8 Bestellungen zu 19,90 €. Und dies bei weniger Kosten.

Als grobe Hausnummer: Wenn ich hohe Stückzahlen verkaufen will (zu Lasten der Rendite), dann niedriger Preis. Wenn ich auf den Gewinn (den ein Verlag Deckungsbeitrag nennt) achten muss, dann eher hoher Preis. Dies aber auch nur pi mal Daumen. Eines scheint mir jedoch wichtig: Der mittlere Preis von 29,90 € aus der Beispielsrechnung geht völlig unter. Der tut weder der Auflage, noch dem Deckungsbeitrag gut. Von Mittelpreisen oder Kompromiss-Preisen, die bei Ratlosigkeit ja schnell bei der Hand sind, rate ich entschieden ab.

Befragen Sie mal Ihren Buchhändler zu den Buchpreisen. Wahrscheinlich wird der Ihnen sagen, die Preise seien zu niedrig. Niedrige Auflage zu niedrigem Preis – das macht weder einen Händler, noch die Verlage und die Autoren glücklich. Eigentlich ist es ein Harakiri für jede Branche. Deshalb bin ich im Prinzip ein Freund hoher Buchpreise.

Noch ein Tipp: Der Mensch erfasst zuerst mit dem Auge. Und in unserer Wahrnehmung, die ja von links nach rechts liest, ist ein Preis von 14,99 € immer besser als ein eigentlich ehrlicher Preis von 15 €. Da liegt zwar nur ein mickriger Cent dazwischen, unser Hirn täuscht aber ein größeres Plus vor.

In diesem Zusammenhang, E-Books sollten nicht verschleudert werden, weil ja „keine Kosten“ anfallen. Welch ein Irrtum! Als Buchautor verkaufe ich doch kein Papier, sondern Inhalte. Da gelangen wir an einem wichtigen Punkt. Letztlich sollte die Qualität eines Produktes über die Preiswürdigkeit entscheiden.

Wenn die Qualität des Produktes – subjektiv – den Erwartungen des Käufers entspricht oder diese gar übertrifft, dann wird der Preis als zweitrangig empfunden. Wenn die Qualität eines Buches allerdings nicht stimmt, dann sind selbst 99 Cent zu viel. Die defensive Preisargumentation vieler Buchautoren ist deshalb oftmals eine Produktunsicherheit. 

Sobald Sie in einem arrivierten Verlag veröffentlichen, brauchen Sie sich null Gedanken um den idealen Preis zu machen. Beim Ladenverkaufspreis besitzen Sie kein Mitspracherecht. Dies lassen sich Verlage in jeden Autorenvertrag reinschreiben. Wunderbar. Als Selfpublisher allerdings müssen Sie sich mehr Gedanken machen. Wenn Sie Zweifel plagen, hier meine Schlussbemerkung : Nehmen Sie den höheren Preis!

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