Tipps und Infos rund ums Schreiben und Verlegen

Die Frage aller Fragen – die Antwort entscheidet über den Erfolg Ihres Buchprojektes

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Der Autor kam freudestrahlend auf mich zu und wedelte mit seinem neuen Manuskript. Zu dem Thema gibt es noch nichts. Meine Laune sank unter Gefrierpunkt. Zu Recht, dachte ich. Zu Recht gibt es zu diesem Thema nichts. Häufig habe ich diese Sichtweise von Autorenseite gehört, sie führt gehörig in die Irre und bleibt für einen Buchverleger wirklichkeitsfern.

Ein Argument von verlegerischen Amateuren jedenfalls. Wer in der Branche arbeitet, der weiß: Bei 80.000 Neuerscheinungen in Deutschland ist thematisch jeder Winkel ausgeleuchtet und jeder Nerv gekitzelt. Alles und jedes gab es schon. Und auch das Gegenteil davon. Zumal die schöne Literatur ohnehin nur um die drei Themengebiete Leben, Liebe, Tod kreist.

Noch schlimmer wird das Argument, sobald ein Autor es umdreht, um damit eine Abneigung zu begründen. Zu dem Thema gibt es schon so viele Bücher. Deshalb möchte man dies als Autor nicht anpacken. Bei Krimis, der Erfolgsgattung der Branche schlechthin, höre ich diesen Einwand schlauerweise selten. Denn die verlegerische Wahrheit ist: Wenn es bereits viele Bücher zu einem Thema gibt, dann ist dies ein grandioses Zeichen. Ein Fingerzeig des Käufers. Man will so etwas lesen.

Sofern es zu einem Thema viele Bücher gibt, funktioniert das entsprechende Themenfeld nachweislich. Als reiner Trittbrettfahrer sollte man als Autor – einerlei ob Verlagsautor oder Self Publisher – jedoch nicht auf den Zug aufspringen. Vielmehr muss ein Autor versuchen, dem erprobten Erfolgsthema einen eigenen Dreh zu verpassen. Es zum Beispiel geografisch herunterbrechen oder Protagonisten, Epoche und Dramaturgie ein- oder austauschen. Zumindest so gründlich, dass man mit seinem Buchprojekt einer Alleinstellung nahe kommt.

Damit kommen wir zum Casus knacksus: als Buchautor sich über seine Alleinstellung klar werden. Die Arbeit für den Erfolg eines Buchprojektes fängt lange vor dem ersten Satz im Manuskript an. Eigentlich müsste jeder Autor erst einmal in sich gehen, ruhig tage- und wochenlang, meinetwegen mit professioneller Unterstützung, um für sich sein Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten.

Man kreist dann um Fragen wie: Wer bin ich? Wofür stehe ich? Was will ich? Wo liegen meine Kenntnisse, Stärken und Fähigkeiten? Was unterscheidet mich von anderen? Was ist mein Alleinstellungsmerkmal? Das Alleinstellungsmerkmal. Wir nähern uns dem Kern. Im amerikanischen Marketing-Jargon wird dieser Sachverhalt USP genannt, Unique Selling Proposition. Das einzigartige Verkaufsargument.

Der Begriff kommt aus der Verkaufspsychologie und umschreibt das herausragende Qualitätsmerkmal eines Produktes oder einer Dienstleistung in Märkten mit starkem Wettbewerb. Worin liegt der genaue Nutzen für den Kunden? Quadratisch. Praktisch. Gut. So lautet der geniale Werbeslogan der Ritter Sport-Schokolade. Da ist USP-technisch gesehen alles drin. Quadratisch (Alleinstellung), Praktisch (Kundennutzen) und Gut (Qualitätsversprechen). Das Produkt, wir wissen es, löst mit seiner köstlichen Schokolade alle Versprechen ein.

Als Autor sollte man für jedes Buchprojekt einen USP definieren können. Ebenso sollte man, jetzt wird es ambitioniert, ein solches Merkmal der Alleinstellung für sein gesamtes Wirken als Autor festlegen können. Wenn man nun über solche Fragen der Positionierung nachdenkt, dann kommt man irgendwann zur Frage aller Fragen: Was macht mich als Autor einzigartig?

Wer diese Frage nicht überzeugend zu beantworten weiß, der sollte das Schreiben für Publikum lieber ganz sein lassen. Anders herum: Glücklich ist derjenige, der eine überprüfbare Antwort erarbeitet hat, am liebsten in einem nachvollziehbaren Satz oder als flotter Slogan. Dieser Autor kann loslegen mit dem weißen Blatt Papier. Er muss halt nur noch, schwer genug, sein Versprechen von Einzigartigkeit einlösen.

Doch Themenfindung und die Arbeit am Text fallen um ein Vielfaches leichter, wenn das Grundgerüst des eigenen Profils geklärt ist. Leichter jedenfalls, als wenn man aus der Hüfte schießt und sich wild aufs Manuskript stürzt. Denn an irgendeiner Stelle des Schreibprozesses wird man unvermeidlich von der eigenen Unsicherheit eingeholt und von den Zweifeln an der Textqualität übermannt.

Zu oft hat ein Autor keine Klarheit über sein eigentliches Profil und hängt irgendwelchen Schnapsideen vom Bestseller nach. Der Misserfolg wird so vorprogrammiert. Vielmehr läuft es im Idealfall so: Das Thema muss zum Autor kommen! Nicht umgekehrt. Ein gutes Thema kommt zu einem guten Autor. Ja, wenn jemand die Sicherheit seines Alleinstellungsmerkmals besitzt, dann fliegen ihm die Themen nur so zu. Und er merkt auf Anhieb, was passt und was nicht.

Wie mir vor kurzem eine erfolgreiche Literaturagentin sagte: Der Autor muss beweisen, dass er zum Thema passt. Absenderkompetenz, so nennen die Lektoren und Agenten dieses Merkmal. Wer diese Absenderkompetenz nicht besitzt, dessen Manuskript landet im Papierkorb. Die ganze Arbeit für die Katz. Weil man zu wenig nachgedacht hat über sich. 

Loading

Zurück

Sätze, die Sie als Autor auf Verlagssuche niemals sagen oder schreiben sollten (1)

Nächster Beitrag

Bücherklau

  1. Mir geben Ihre Posts stets Futter zum Nachdenken, zum Überdenken, zum Neudenken – und (hopefully) Handeln. Dafür danke ich Ihnen!

  2. Mit Schriftstellern ist wie bei den Goldsuchern in Kalifornien. Mit Gold suchen kann man nichts verdienen, aber an den Goldsuchern.

    Verlage, Lektoren, Literaturagenten machen den Erfolg von Büchern, weniger die Themen. Krimiliteratur boomt: „Denn die verlegerische Wahrheit ist: Wenn es bereits viele Bücher zu einem Thema gibt, dann ist dies ein grandioses Zeichen. Ein Fingerzeig des Käufers. Man will so etwas lesen.“ Man will so etwas lesen, weil man nach Märchen mit einem Happy ending sucht. Die Krimis bestätigen unser Weltbild. Die Dinge mögen noch so schrecklich und verwerflich sein, am Ende ist der Täter entlarvt, verhaftet, bestraft,.

    Das Verstörende, das, was den Mainstream gegen den Strich bürstet, das was unsere Sehnsucht nach einer heilen und am Ende wieder geordneten Welt stört, wird nicht gerne gelesen, wird deshalb nicht verlegt, wird nicht vermarktet,

    Das ist der Maßstab der „kapitalistischen Epoche“ in der Erfolge von Büchern weniger von der Qualität eines Textes abhängen als von einem guten Verlagsmanagement.

    Der Begriff des Bestsellers hat sich schon immer definiert über Verkaufszahlen, nie über literarische Qualität. Deshalb liebe ich Denis Schecks „Druckfrisch“, weil er die heute favorisierte „opportunistische“ Literatur regelmäßig in die Tonne kloppt

  3. Claudia

    Was für für eine unglaublich tolle, spritzig geschriebene und informative Seite. Danke!
    Bei meiner Faulheit für alles, was außerhalb des Schreibens für einen Erfolg notwendig zu sein scheint, hab ich ja die besten Chancen. Ich gehöre zur Kategorie „man sagte mir schon immer – schreib doch mal einen Roman, du kannst so toll schreiben!“ 😀 😀 (Natürlich brenne ich auch dafür.)
    Na ja….die Zeit rennt, und mit dieser die Veränderungen, mittlerweile soll es sich erledigt haben, bei Verlagen anbetteln zu müssen. Booktok und Co ist jetzt das Mittel der Wahl. Wenn ich meine Geschichte endlich zu Ende gebracht habe, werde ich sehen, ob sie in die Welt soll, oder nicht. Und auf welchem Weg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

Neuerscheinung:
364 Seiten, BoD
12,99 € (Paperback),
8,99 € (E-Book)
ISBN: 9783751972567
zu beziehen über jede Buchhandlung
oder online bei
amazon (hier klicken)