Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Einst sangen Die Prinzen a cappella Ich wär so gerne Millionär. Und die Jungs aus Leipzig reimten weiter: Dann wär mein Konto niemals leer. Gerade für einen Autor ein schöner Traum, fast unerreichbar sollte man denken. Obwohl, in dieser Kolumne verrate ich einen wenig beachteten Umstand, wie es für Verlagsautoren und Self Publisher vielleicht dann doch noch klappen könnte.

Vor wenigen Tagen habe ich die schöne Nachricht gelesen, dass Delia Owens bei Heyne mit ihrem wunderbaren Roman Der Gesang der Flusskrebse die Auflage von einer Million im Taschenbuch überschritten hat. Großartig! Voll verdient. Herzlichen Glückwunsch! 

Jeder, der nicht so vertraut ist mit der Materie, wird die Autorin nun auch monetär als Millionärin sehen. Daumenregel: Ein Euro pro verkauftes Buch, eine Million Auflage, ergo eine Million auf dem Konto. So werden viele denken. Doch dem ist nicht so. Um aufzuzeigen, dass selbst für Autoren von Mega-Sellern die Früchte arg hoch hängen, sei dieser Fall hier einmal grob durchgerechnet. Ohne dass ich genaue Zahlen und konkrete Abmachungen kenne, als bloßes kalkulatorisches Exempel, die Werte beruhen auf meiner Branchenerfahrung. 

Also, holen wir den Taschenrechner aus der Schublade: Das Taschenbuch kostet 11,99 Euro. Da gehen zunächst 7 Prozent Mehrwertsteuer runter. Dann sind wir bei 11,21 €. Davon sollte die Tantieme 8 Prozent betragen. Also pro Buch gut 0,89 €. Macht bei einer Million Verkauften genau 890.000 €. Dieser Betrag wird zwischen dem Lizenzgeber (dem US-amerikanischen Originalverlag) und der Autorin im Verhältnis 60 zu 40 geteilt.

Bleiben bei der Autorin 356.000 €. Von diesem Autorenanteil bekommt Owens Literaturagentur 20 Prozent (ca. 71.000 €). Verbleiben der Autorin dann 285.000 €. Dieser Betrag muss noch versteuert werden. Würde Delia Owens in Deutschland leben, blieben ihr von der Millionenauflage nach Einkommensteuer und Abgaben rund 158.000 Euro. 

Ein solcher Betrag ist immer noch schönes Geld, allerdings weit von einer Million entfernt. Delia Owens wird trotzdem mit Sicherheit die Million und mehr erreichen, weil in Deutschland ja noch die Hardcover-Erlöse und E-Books dazukommen, schließlich noch die Tantiemen aus den anderen Ländern. Es läppert sich. Doch die Beispiel-Rechnung zeigt, damit der Status eines Verkaufs-Millionärs auch im Portemonnaie ankommt, muss man eher in Richtung 6 Millionen Bücher verkaufen. Uff!

Jetzt wird es für Autoren hochinteressant. Der Gesang der Flusskrebse gibt es neuerdings als Kinofilm. Wenn der Agent der Autorin oder der US-Originalverlag, je nachdem wem dies vertraglich obliegt, ordentlich verhandelt haben, dann tut sich hier eine goldene Tür auf: Für die Filmrechte lassen sich bisweilen mehr herausgeschlagen als für Buchverkäufe. Ich weiß all dies im Falle Delia Owens natürlich nicht, doch es kommt häufiger vor als man denkt.

Bei Ernest Hemingway beispielsweise, wo ich mich ganz gut auskenne, ist es jedenfalls so gewesen. Hemingway ist steinreich geworden, durch seine Bücher natürlich, er hat schon zu Lebzeiten verkauft wie verrückt. Doch richtig viel Geld aufs Konto spülten die zahlreichen Verfilmungen seiner Werke. In manchen Jahren hat Hemingway mit der Verfilmung seiner Bücher mehr verdient als mit den Büchern selbst.

Windfall Profits nennt der Ökonom diesen Effekt. Gewinne, die wie Blätter vom Herbstbaum wehen. Der Autor muss nicht viel dafür tun, außer einen Vertrag in Hollywood zu unterschreiben. Es scheint als wären wir wirklich im Olymp der Autoren angekommen, jedoch eröffnet der Boom von Streaming gerade in unseren Tagen auch der normalen Autorenschaft nie gekannte Chancen.

In Zeiten von Netflix, Disney+ und Amazon Prime ist das sogenannte Nebenrecht auf Verfilmung ein richtig schweres Pfund. Zudem hat Deutschland mit den reichen Öffentlich-Rechtlichen Sendern, den vielen privaten Fernsehkanälen und den zahlreichen Film-Produktionsfirmen Hunderte von Anbietern, die ständig auf der Suche sind nach guten Stoffen.

Deshalb sollte jeder Autor und jede Autorin von verfilmbarer Belletristik sich dieses wertvolle Nebenrecht nicht achtlos abhandeln lassen. Man liest zu schnell hinweg über den entsprechenden Passus im Vertrag. Dabei ist dieser durchaus die Probe aufs Exempel: Ob ein Verlagshaus einen Autor anständig behandelt, merkt er spätestens daran, wie dieses Nebenrecht vertraglich fixiert wird. Eine schlechtere Aufteilung als 50/50 sollte man als Autor jedenfalls nicht akzeptieren.

Gerade Autorinnen oder Autoren von angesagten Stoffen wie Krimis, Thrillern, Mystery, Drama oder Romance sollten ein waches Auge auf ihre Verfilmungsrechte legen. Und Autoren im Self Publishing, die in ihren Büchern ein Potential sehen, sollten sich auf die Suche nach einem darauf spezialisierten Agenten machen. Oder sie müssen – wie immer – selber anpacken und die Klinken der Filmfirmen putzen und entsprechende Messen besuchen.

In den großen Verlagen übernehmen diese Aufgaben angestellte Lizenz-Manager, die daran arbeiten, die Filmrechte ihrer Bücher unterzubringen. Voraussetzung: höchste inhaltliche Qualität, thematische Zugkraft und eine Idee, wie die Prosa in Bilder umgesetzt werden kann. Und ohne Originalität läuft gar nichts. Wird all dies eingelöst und verkauft sich das entsprechende Buch zudem gut, dann kann sich eine realistische Vermittlungschance auftun.

Schaden kann ein gut verhandeltes Verfilmungsrecht jedenfalls nicht, und zu verlieren gibt es für eine Autorin und einen Autor auch nichts. Nur zu gewinnen. Vielleicht klappt es dann doch noch mit der Million, wenn auch durch die Hintertür. 

 

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