Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Die  meisten Autoren denken bei der Verlagssuche in Tausch-Kategorien. Inhalte gegen Geld, so mag es im Hinterkopf grummeln. Man bietet sein Manuskript einem Verlag an und erwartet als Gegenleistung die Veröffentlichung und ein Honorar. Diese Sichtweise ist nicht falsch, kratzt aber irgendwie nur an der Oberfläche.

In Wirklichkeit bietet der Autor dem Verlag eine Risikowette an. Eine Wette auf den Markterfolg seines Manuskriptes. Der Verlag muss abschätzen, ob er mit den angebotenen Inhalten, eine Refinanzierung des Projektes und seiner Gemeinkosten sichern kann. Wirtschaftlich gesehen bleibt es ein Glücksspiel.

Es sind nicht nur die Inhalte, die eingeschätzt werden müssen, sondern das ‚Gesamtpaket‘. Neben dem Thema also die Attraktivität des Autors, seine Kompetenz, die Vermarktbarkeit des Projektes, die Trends auf dem nationalen und internationalen Buchmarkt, das Wohlwollen des Handels oder die aktuellen Vorlieben innerhalb der Leserschaft. Eine schwierige Abwägung für ein Lektorat, die Fehlerquote ist hoch. 

Zunächst muss der Verlag kräftig in Vorleistung gehen. Durch dieses Vorlegen leitet sich bekanntlich die Begrifflichkeit Verlag ab. Lektorat, Korrektorat, Cover-Design, Herstellung, Druck, Transport, Marketing. Vielleicht noch eine Garantiezahlung oder einen Vorschuss für den Autor oder die Autorin. Das geht ins Geld. Dazu sitzt ein Verlagshaus auf hohen Overhead-Kosten.

Auch bei Verlagen, die hohen Wert auf Inhalte legen, bleibt das Angebot eines Manuskriptes am Ende des Tages ebenfalls eine Risikowette. Qualität, Umsetzung, Zielgruppen-Affinität, Autorenkompetenz, Einschätzung der Nachfrage. Auch ein anspruchsvoller Verlag muss sich am Markt refinanzieren, sonst gibt es ihn nicht mehr lange. 

In einem Lektorat werden nach Begutachtung des Inhaltes die Erfolgsaussichten eingeschätzt. Im Buchbereich lässt sich die Quote dieser Wette mit objektiven Daten nicht absichern. Gut 80 Prozent der Verlagstitel erweisen sich als Flop. Keiner weiß im Voraus, welche 80 Prozent. Jedes Buch bleibt ein Glücksspiel. Rot oder schwarz. Jedes neue Buch – selbst von renommierten Autoren – geht in ein neues Risikospiel.

Jeder Verlag muss seine Risikobereitschaft bei jedem neuen Projekt einschätzen. Denn der Grat zwischen kulturellem Anspruch und wirtschaftlicher Notwendigkeit ist schmal. Mit knapp 10 Milliarden Jahresumsatz erwirtschaften die 2.000 Verlage in Deutschland gerade einmal die Hälfte des Umsatzes einer Firma wie Henkel mit seinem Waschpulver. So viel zur Frage, ob die Branche systemrelevant ist.

Traditionell verzeichnet die Buchbranche schwache Renditen, durch Kooperationen und das Zusammenlegen von Backoffice-Aufgaben wird an der Produktivität gearbeitet. Das Risiko bleibt, allzu viele Flops kann sich ein Verlagshaus nicht leisten. Beim Self Publishing ist die Sache übrigens wesentlich einfacher. Das Buch bleibt eine Risikowette. Doch das Risiko trägt in diesem Falle einzig und alleine der Autor.

Autoren auf Verlagssuche hingegen können sich bei jeder Absage trösten. Oft hat die Ablehnung nichts mit dem Autor, dem Thema oder der Qualität des Manuskriptes zu tun. Daran könnte man zur Not schrauben. Der wahre Grund für die Absage liegt woanders: das Risiko am Markt. Die Wette auf den Erfolg ist einfach zu gewagt.  

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