Tipps und Infos rund ums Schreiben und Verlegen

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Warum ändert ein Verlag im letzten Moment – gegen den Willen des Autors – einen Buchtitel?

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Der gewohnte Ablauf ist weithin bekannt. Autor und Lektor sind seit langem einig über Inhalt, Überarbeitung, Cover, Klappentexte und U4. Auch über den Buchtitel besteht Einklang. Der Erscheinungstermin rückt näher. Der Autor geht zu Recht davon aus, dass alles geklärt ist. Doch mehr als einmal haben ich erlebt, dass dieser Ablauf jählings unterbrochen wird.

Quasi über Nacht wird der abgesprochene Buchtitel geändert. Kleinlaut meldet der Lektor sich beim Autor: ein neuer Titel für sein Buch, „der Verlag“ möchte das so. Auch wenn der Autor dagegen ist, er kann Kopfstände machen oder den Papst anrufen, der neue Titel steht fest und wird in den nächsten Tagen zur Druckerei geschickt.  

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Verlage deshalb die allumfassende Verantwortlichkeit für Cover, Titel und Ausstattung in den Autorenvertrag hineinschreiben. Juristisch ist die Sache also klar. Der Verlag besitzt das letzte Wort. Dem Autor bleibt nichts anderes übrig, als klein beizugeben. Ich habe diese Situation schon mehrere Male erlebt. Nicht nur bei Büchern von Newcomern, gerade auch bei Neuerscheinungen von namhaften Autoren.

Warum jedoch werden Buchtitel auf den letzten Drücker geändert? Weshalb wird die Übereinkunft von Autor und Lektor urplötzlich über den Haufen geworfen? Warum will „der Verlag“ eine solch abrupte Änderung? Die Gründe dafür bleiben meist nebulös. So viel sei verraten, zumeist sind es keine rechtlichen Zweifel wie Titelplagiat, Verwechslungsgefahr oder Ähnliches, dies hat der Hausjurist ja schon lange im Vorfeld abgeklärt.

Vielmehr habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Änderungen der Buchtitel auf der sogenannten Vertreter-Konferenz entschieden werden. Diese Vertreter-Konferenz ist für jeden Großverlag ein heiliger Termin. Zweimal im Jahr, zur Vorstellung des Frühjahrs- und Herbstprogramms kommen Lektorate, Verlagsleitung, Marketing, Vertrieb, Presseabteilung und alle Buchhandels-Vertreter zusammen, um an ein, zwei Tagen über das neue Programm und dessen Vermarktung zu sprechen.

In den Groß- und Mittelverlagen haben die Buchhandels-Vertreter eine starke Position. Oft sind es gut provisionierte Handelsvertreter mit viel Erfahrung und Selbstbewusstsein. Die Aufgabe eines Außendienstes besteht darin, die Buchhandlungen ihres Gebietes zu besuchen und Vorbestellungen für die Novitäten des neuen Programms zu akquirieren. Ein großer Verlag beschäftigt etwa 8 bis 10 Vertreter, die regional dann Deutschland, Österreich und die Schweiz bereisen.

Der Außendienst arbeitet am engsten Bottleneck eines Verlages, am Flaschenhals zwischen Produzent und Käufer. Praktiker wissen, dass an einem solchen Engpass über Erfolg oder Misserfolg entschieden wird. Wie viele Bücher vom Verlag in die Buchhandlungen hinein verkauft werden, hängt nicht zuletzt von der Argumentationsstärke und vom Verhandlungsgeschick des Vertreters ab.

Innerhalb der Verlags-Hierarchie, obwohl sie im engen Sinn nicht zum Innenbau gehören, besitzt das Urteil des Außendienstes ein großes Gewicht. Nun kann es auf einer solchen Vertreter-Konferenz passieren, dass sich ein Vertreter mit breiter Brust zu Wort meldet und anmerkt: Das Buchprojekt xy sei großartig. Gutes Thema, prima Autor, toller Text (meist haben die Vertreter die Fahnen im Voraus gelesen). Doch eines, nur eine Sache: Der Buchtitel sei großer Mist.

Und prompt unterstützen andere Vertreter den Kollegen in seiner Titel-Schelte. Wenn es so weit kommt, dann weiß ein erfahrener Lektor, dass der alte Titel nicht mehr zu retten ist. Zumal sich in der Regel Marketing und Vertrieb auf die Seite der Vertreterschaft schlagen. Im Laufe der Ereignisse kommt es zu einer hitzigen Diskussion, es werden

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10 Tipps, wie Sie einen guten Verlag erkennen

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Sie sind seit Monaten mit Ihrem Manuskript auf Verlagssuche. Endlich hat sich ein Buchverlag mit einer Zusage gemeldet. Wunderbar! Dem Ruhm (hoffentlich) ein Stück nahegerückt. Doch dann melden sich innerlich die ersten Zweifel. Man stellt sich Fragen wie: Ist der Verlag seriös? Bin ich dort in guten Händen? Werde ich nicht über den Tisch gezogen?

Nach der ersten Freude sollte man kühlen Kopf bewahren und sich alles kritisch ansehen. Bei den namhaften Verlagen ist die Sache eigentlich unproblematisch. Suhrkamp, Rowohlt, Diogenes, Droemer, Random House und andere. Kennt man, gutes Renommee. Die pflegen ihre Standards und haben einen guten Ruf zu verlieren. Da dürfte es keine Probleme geben.

Bei unbekannten Verlagen sollte man genau hinschauen. Leider tummeln sich in der Branche zahlreiche schwarze und graue Schafe. Auf den ersten Blick sind diese nicht immer zu erkennen, denn oft tarnen sich die sogenannten Druck-Kosten-Zuschuss-Verlage mit wohlklingenden Namen oder produzieren teuer als Imprint.

Deshalb hier ein paar Hilfestellungen bei der Verlagswahl. Woran erkennt man einen guten Verlag? Und woran einen schlechten? Nachstehend ein paar Tipps und Anhaltspunkte.

  1. Das liebe Geld. Ein guter Verlag wird niemals Geld von Ihnen verlangen. NIEMALS. Wofür auch immer. Egal, wie viel Süssholz geraspelt wird. Vorsicht bei DKZ-Verlagen! Das sind eigentlich keine richtigen Verlage, da werden Sie kräftig zur Kasse gebeten. Ein guter Verlag hingegen wird Ihnen Geld bringen, vielleicht sogar eine Garantiezahlung als Vorschuss. 
  2. Wer steckt dahinter? Werfen Sie einen Blick in den Bundesanzeiger. Dort kann man online die Eigentumsverhältnisse und die steuerrechtliche Konsolidierung vieler Unternehmen kostenlos eingesehen. Meist wird auch die Bilanz oder eine G+V-Rechnung (Gewinn und Verlust) offengelegt. Gerade aus der Bilanz erhält man interessante Informationen, zu Gesellschafter, zur Geschäftsentwicklung, zu Unternehmensbereichen und zur Geschäftsführung.
  3. Was war in den letzten zwei Jahren Ihr erfolgreichster Seller? Stellen Sie diese vorwitzige Frage ruhig dem Verlagsmenschen. Die Antwort wird ihn entlarven. Wenn herum gestammelt wird: muss ich nachschauen, Datenschutz, Betriebsgeheimnis oder ähnlicher Quatsch – alles klar. Der Lektor eines guten Verlages hingegen wird wie aus der Pistole geschossen eine konkrete Zahl nennen. Mit einem stolzen Leuchten in den Augen. 
  4. Gute Verlage besitzen ein klares Profil. Erfolgreiche Verlage denken in Zielgruppen, Segmenten und Lebenswelten. Ein Wald- und Wiesenangebot kann (muss aber nicht) auf einen DKZ-Verlag hindeuten. Oder auf eine schlechte Programmpolitik.
  5. Langer Zeithorizont. Wenn Sie bei einem renommierten Verlag angenommen werden, müssen Sie sich hinten in die Warteschlange einreihen. Programme haben einen Vorlauf von mindestens ein, zwei Jahren. Wegen Corona und Papierkrise wird zusätzlich viel geschoben. Wenn Ihnen ein Verlag die sofortige Veröffentlichung anbietet, ist dies in meinen Augen eher ein Alarmzeichen.
  6. Fragen Sie Ihren Buchhändler oder einen Kollegen. Holen Sie die Meinung Ihres Buchhändlers ein. Die Mitarbeiter im Handel wissen sehr gut Bescheid. Die Branche ist klein, jeder kennt jeden. Oder schauen Sie, wer in dem Verlag kürzlich veröffentlicht hat. Und rufen Sie ihn doch einfach an.
  7. Gehen Sie nachträglich zu einem Literaturagenten! Sie sind bereits bei einem Verlag angenommen worden. Trotzdem kann die Unterstützung durch einen Literaturagenten sinnvoll sein. Ein guter Agent, auch wenn er 15 oder 20 Prozent Provision berechnet, wird Sie professionell an mancher Klippe vorbei schleusen und Sie perspektivisch betreuen.
  8. Ein Vertrag mit üblichen Konditionen? Ist der Vertragsentwurf in Ordnung? Im Zweifel sollte ein Jurist darüber schauen. Oder eine andere Fachperson. Auch ein erfahrener Autor – oder eine erfahrene Autorin – weiß, worauf es ankommt. Sind die Tantiemen fair? Gibt es eine Garantie-Zahlung? Wie sieht es mit den Nebenrechten aus? Über dieses Thema habe ich ausführlich hier geschrieben
  9. Wie ist das Betriebsklima? Wie verhalten sich die Mitarbeiter? Die Lektoren, der Empfang, das Marketing, der Chef? Bei einem Besuch im Verlag merkt man rasch, welches Betriebsklima herrscht. Auch ein Blick in Bewertungs-Portale wie kununu oder Trustpilot kann nicht schaden.
  10. Ist das Angebotsspektrum ausreichend? Deckt der Verlag die wichtigen Dienstleistungen ab? Fragen Sie ruhig danach. Nur wenn der Verlag gut aufgestellt ist, wird er auch gut verkaufen. Ein Verlagshaus muss nicht groß sein, auch ein Kleinverlag kann erfolgreich sein. Er muss sich die Dienstleitungen dann extern zukaufen. Hier steht Ausführliches.

Bei der Beurteilung eines Verlages ist es wie im richtigen Leben. Letztlich geht es um Vertrauen. Ich höre da gerne auf mein Bauchgefühl. Beruf, Liebe, Freundschaft. Wenn der Bauch nein sagt (auch wenn das Herz und der Verstand ja oder vielleicht sagen), dann wird es dafür einen Grund geben. Ein nein des Bauches ist für mich ein dickes nein. Mit einem schlechten Gefühl würde ich mich nicht in ein Abenteuer stürzen. 

Das grundsätzliche Problem bei einem schlechten Verlagshaus oder einem Vanity-Verlag ist nicht nur, dass Sie in schlechten Händen sind. Es ist schlimmer. Ihr ganzes Buchprojekt hat sich zudem

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Die Frage aller Fragen – die Antwort entscheidet über den Erfolg Ihres Buchprojektes

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Der Autor kam freudestrahlend auf mich zu und wedelte mit seinem neuen Manuskript. Zu dem Thema gibt es noch nichts. Meine Laune sank unter Gefrierpunkt. Zu Recht, dachte ich. Zu Recht gibt es zu diesem Thema nichts. Häufig habe ich diese Sichtweise von Autorenseite gehört, sie führt gehörig in die Irre und bleibt für einen Buchverleger wirklichkeitsfern.

Ein Argument von verlegerischen Amateuren jedenfalls. Wer in der Branche arbeitet, der weiß: Bei 80.000 Neuerscheinungen in Deutschland ist thematisch jeder Winkel ausgeleuchtet und jeder Nerv gekitzelt. Alles und jedes gab es schon. Und auch das Gegenteil davon. Zumal die schöne Literatur ohnehin nur um die drei Themengebiete Leben, Liebe, Tod kreist.

Noch schlimmer wird das Argument, sobald ein Autor es umdreht, um damit eine Abneigung zu begründen. Zu dem Thema gibt es schon so viele Bücher. Deshalb möchte man dies als Autor nicht anpacken. Bei Krimis, der Erfolgsgattung der Branche schlechthin, höre ich diesen Einwand schlauerweise selten. Denn die verlegerische Wahrheit ist: Wenn es bereits viele Bücher zu einem Thema gibt, dann ist dies ein grandioses Zeichen. Ein Fingerzeig des Käufers. Man will so etwas lesen.

Sofern es zu einem Thema viele Bücher gibt, funktioniert das entsprechende Themenfeld nachweislich. Als reiner Trittbrettfahrer sollte man als Autor – einerlei ob Verlagsautor oder Self Publisher – jedoch nicht auf den Zug aufspringen. Vielmehr muss ein Autor versuchen, dem erprobten Erfolgsthema einen eigenen Dreh zu verpassen. Es zum Beispiel geografisch herunterbrechen oder Protagonisten, Epoche und Dramaturgie ein- oder austauschen. Zumindest so gründlich, dass man mit seinem Buchprojekt einer Alleinstellung nahe kommt.

Damit kommen wir zum Casus knacksus: als Buchautor sich über seine Alleinstellung klar werden. Die Arbeit für den Erfolg eines Buchprojektes fängt lange vor dem ersten Satz im Manuskript an. Eigentlich müsste jeder Autor erst einmal in sich gehen, ruhig tage- und wochenlang, meinetwegen mit professioneller Unterstützung, um für sich sein Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten.

Man kreist dann um Fragen wie: Wer bin ich? Wofür stehe ich? Was will ich? Wo liegen meine Kenntnisse, Stärken und Fähigkeiten? Was unterscheidet mich von anderen? Was ist mein Alleinstellungsmerkmal? Das Alleinstellungsmerkmal. Wir nähern uns dem Kern. Im amerikanischen Marketing-Jargon wird dieser Sachverhalt USP genannt, Unique Selling Proposition. Das einzigartige Verkaufsargument.

Der Begriff kommt aus der Verkaufspsychologie und umschreibt das herausragende Qualitätsmerkmal eines Produktes oder einer Dienstleistung in Märkten mit starkem Wettbewerb. Worin liegt der genaue Nutzen für den Kunden? Quadratisch. Praktisch. Gut. So lautet der geniale Werbeslogan der Ritter Sport-Schokolade. Da ist USP-technisch gesehen alles drin. Quadratisch (Alleinstellung), Praktisch (Kundennutzen) und Gut (Qualitätsversprechen). Das Produkt, wir wissen es, löst mit seiner köstlichen Schokolade alle Versprechen ein.

Als Autor sollte man für jedes Buchprojekt einen USP definieren können. Ebenso sollte man, jetzt wird es ambitioniert, ein solches Merkmal der Alleinstellung für sein gesamtes Wirken als Autor festlegen können. Wenn man nun über solche Fragen der Positionierung nachdenkt, dann kommt man irgendwann zur Frage aller Fragen: Was macht mich als Autor einzigartig?

Wer diese Frage nicht überzeugend zu beantworten weiß, der sollte das Schreiben für Publikum lieber ganz sein lassen. Anders herum: Glücklich ist derjenige, der eine überprüfbare Antwort erarbeitet hat, am liebsten in einem nachvollziehbaren Satz oder als flotter Slogan. Dieser Autor kann loslegen mit dem weißen Blatt Papier. Er muss halt nur noch, schwer genug, sein Versprechen von Einzigartigkeit einlösen.

Doch Themenfindung und die Arbeit am Text fallen um ein Vielfaches leichter, wenn das Grundgerüst des eigenen Profils geklärt ist. Leichter jedenfalls, als wenn man aus der Hüfte schießt und sich wild aufs Manuskript stürzt. Denn an irgendeiner Stelle des Schreibprozesses wird man unvermeidlich von der eigenen Unsicherheit eingeholt und von den Zweifeln an der Textqualität übermannt.

Zu oft hat ein Autor keine Klarheit über sein eigentliches Profil und hängt irgendwelchen Schnapsideen vom Bestseller nach. Der Misserfolg wird so vorprogrammiert. Vielmehr läuft es im Idealfall so: Das Thema muss

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10 Fehler, die Neulinge bei der Verlagssuche gerne machen

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Wie kriege ich einen Verlag für mein schönes Manuskript? Ein gutes und starkes Verlagshaus, wo ich zudem noch ein paar Euro Honorar verdienen kann. Ein Verlag, der mein Buch in die Buchhandlungen bringt, ein gescheites Marketing macht und es vielleicht noch als Übersetzungslizenz ins Ausland verkauft. Wie finde ich solch einen Verlag? Diese Frage kann ich zur vollen Zufriedenheit leider nicht beantworten. 

Allerdings können wir uns dem Thema nähern. Alleine schon dadurch, dass wir Fehler ansprechen, die von Autoren und Autorinnen bei der Verlagssuche gerne gemacht werden. Mit dem Hinweis verbunden, dass man diese Schnitzer tunlichst unterlassen sollte.

Von der anderen Seite des Schreibtisches habe ich genug fehlerhafte Bewerbungen betrachten dürfen. Aus meiner – natürlich subjektiven – Erfahrung führe ich einige beliebte Fehler auf, die bei Neulingen auf Verlagssuche häufig zu beobachten sind:

  1. Falscher Verlag. Es macht keinen Sinn, ein selbst erstklassiges Manuskript dem falschen Verlag anzubieten. Ein Verlag mit Schwerpunkt Crime wird mit Romance wenig anfangen können. Und umgekehrt. Wichtig bleibt die Recherche vorab. Der Verlag muss exakt zum Manuskript passen, aber schablonengenau. Am besten die drei Favoriten heraussuchen. Die müssen allerdings sitzen. 
  2. Falsche Einschätzung des Themas. Die wohl häufigste Bemerkung, die ich bei der Einreichung eines Manuskriptes zu hören bekommen habe, ist folgende: Zu dem Thema gibt es noch nichts. Meine Antwort war stets: zu Recht. Bei mehr als 80.000 Neuerscheinungen pro Jahr, das sind fast eine Million neue Titel in zehn Jahren, ist jeder Winkel ausgeleuchtet, jeder Nerv gekitzelt. Darum geht es bei Neuerscheinungen auch nicht. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, einem populären Thema eine neue Wendung zu verpassen, so dass ein Manuskript auf diese Weise genug Eigenständigkeit erlangt. 
  3. Falsche Selbst-Einschätzung als Autor. Ein Thomas Mann sind wir alle nicht. Für Stephen King reicht es auch nicht. Nicht weiter schlimm! Der Trost: Gutes Schreiben ist Handwerk. Ein guter Lektor hilft. Die Messlatte auf 100 Prozent zu legen, macht eh keinen Sinn. Jeder Autor sollte die eigenen Grenzen kennen und später gegenüber dem Lektor auch offen ansprechen. Sich selbst und seinem Buch bei der Bewerbung Bestseller-Potential zuzuschreiben, klingt in den Ohren von Verlagsprofis albern.
  4. Zu wenig Kritikbereitschaft. Als Autor muss ich ehrliches Feedback zulassen. Jetzt nickt jeder mit dem Kopf, doch nur wenige sind dazu wirklich bereit. Ich habe es oft genug mitgemacht. Wenn man bei unverlangten Manuskripten andeutet, Dramaturgie schwach oder Stilistik ungenügend – dann geht das Gezeter los. Kritik am Text wird von vielen Neulingen als Kritik an der Person aufgefasst. Deshalb sagen die meisten Lektoren lieber gar nichts, außer Floskeln wie passt nicht in unser Programm oder leider alles schon voll.
  5. Zu viel Geduld mit dem Verlag. Mein Zusage-Rekord liegt bei unter zehn Minuten. Manuskript erhalten, Text geprüft, vorne, Mitte, hinten, Autorenbiografie angeschaut. Telefon! Es ist die Ausnahme. In der Regel läuft es so ab: Post- bzw. E-Mail-Manuskripte trudeln ein, 98 Prozent nach einem ersten Blick direkt in Ablage P, das beste ein Prozent nehme ich zur Beurteilung mit ins Wochenende, bei den restlichen ein Prozent an Zweifelsfällen wird (von einem erfahrenen externen Lektor) ein Lektorats-Gutachten erstellt. Dauer: die 98 Prozent ein paar Minuten, die anderen höchstens zwei bis vier Wochen. Drei Monate Prüfzeitraum lese ich auf mancher Verlags-Homepage. Ich lach mich schlapp. 
  6. Zu wenig Hirnschmalz in Exposé, Anschreiben und Vita.  Ein Buchautor konzentriert sich gerne aufs Manuskript. Das ist sein Kosmos. Ein sympathisches Anschreiben, ein überzeugendes Exposé und ein gewinnendes CV zu entwerfen, das ist nicht unbedingt die Welt eines Autors. An anderer Stelle von Autoren-Brief ist über das Anschreiben und das Exposé ausführlich geschrieben worden.
  7. Zu wenig an die Vermarktung gedacht. Überspitzt gesagt: Ein Autor will Bücher veröffentlichen. Ein Verlag will Bücher verkaufen. Ein feiner Unterschied. Mit dem „Marketingkram“ wollen viele Buchautoren nichts zu tun haben. Eine solche Haltung ist wenig hilfreich für die Vermarktung. Jeder Autor, der ein Verlagshaus beim Verkaufen seiner Bücher unterstützt, auf welche Weise auch immer, ist herzlich willkommen. Mehr als der andere.
  8. Bereits woanders veröffentlicht. Ein Buch im Self Publishing veröffentlicht, mit mäßigem bis gar keinem Erfolg. Nun soll ein etablierter Verlag die Rettung bringen. So läuft es nicht. Wer gar von einem DKZ-Verlag kommt, erntet bestenfalls einen mitleidsvollen Blick. Es gilt: Ist das Buch vom Autor schon woanders veröffentlicht, ist es für einen guten Verlag tot. Flops ohnehin. Ausnahme: Im Self Publishing verkaufen Sie wie geschnitten Brot. Ihr Handy wird bald klingeln.
  9. Zu wenig Bereitschaft, mit Profis zusammenzuarbeiten. Viele Autoren zeigen sich unsicher mit ihrem Ergebnis. Trotzdem wird häufig geknausert. Wenn Sie Ihr Manuskript von einem erfahrenen freien Lektor vor Einreichung oder vor dem Self Publishing bearbeiten lassen, dann hebt dies das Projekt auf eine andere, auf eine professionelle Stufe. Die Zusammenarbeit mit Profis kann sich auszahlen. Möglicherweise ergeben sich alleine dadurch neue Kontakte und Perspektiven.
  10. Die Post ist nicht die Lösung. Verlagssuche bedeutet nicht, sein Manuskript im Dutzend einzutüten und in den Briefkasten zu werfen. Die Post ist nicht der Schlüssel. Kein Autor sitzt mehr monatelange in seinem Elfenbeinturm, kommt zerzaust mit dem Manuskript heraus, schickt es an einen Verleger, der begeistert Hurra schreit. So lief das vielleicht vor 200 Jahren. Im 21. Jahrhundert geht es ein wenig anders. Heute gilt: Erfolg als Buchautor ist Networking. Bis die Socken qualmen.

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Ich wär, als Autor, so gerne Millionär!

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Einst sangen Die Prinzen a cappella Ich wär so gerne Millionär. Und die Jungs aus Leipzig reimten weiter: Dann wär mein Konto niemals leer. Gerade für einen Autor ein schöner Traum, fast unerreichbar sollte man denken. Obwohl, in dieser Kolumne verrate ich einen wenig beachteten Umstand, wie es für Verlagsautoren und Self Publisher vielleicht dann doch noch klappen könnte.

Vor wenigen Tagen habe ich die schöne Nachricht gelesen, dass Delia Owens bei Heyne mit ihrem wunderbaren Roman Der Gesang der Flusskrebse die Auflage von einer Million im Taschenbuch überschritten hat. Großartig! Voll verdient. Herzlichen Glückwunsch! 

Jeder, der nicht so vertraut ist mit der Materie, wird die Autorin nun auch monetär als Millionärin sehen. Daumenregel: Ein Euro pro verkauftes Buch, eine Million Auflage, ergo eine Million auf dem Konto. So werden viele denken. Doch dem ist nicht so. Um aufzuzeigen, dass selbst für Autoren von Mega-Sellern die Früchte arg hoch hängen, sei dieser Fall hier einmal grob durchgerechnet. Ohne dass ich genaue Zahlen und konkrete Abmachungen kenne, als bloßes kalkulatorisches Exempel, die Werte beruhen auf meiner Branchenerfahrung. 

Also, holen wir den Taschenrechner aus der Schublade: Das Taschenbuch kostet 11,99 Euro. Da gehen zunächst 7 Prozent Mehrwertsteuer runter. Dann sind wir bei 11,21 €. Davon sollte die Tantieme 8 Prozent betragen. Also pro Buch gut 0,89 €. Macht bei einer Million Verkauften genau 890.000 €. Dieser Betrag wird zwischen dem Lizenzgeber (dem US-amerikanischen Originalverlag) und der Autorin im Verhältnis 60 zu 40 geteilt.

Bleiben bei der Autorin 356.000 €. Von diesem Autorenanteil bekommt Owens Literaturagentur 20 Prozent (ca. 71.000 €). Verbleiben der Autorin dann 285.000 €. Dieser Betrag muss noch versteuert werden. Würde Delia Owens in Deutschland leben, blieben ihr von der Millionenauflage nach Einkommensteuer und Abgaben rund 158.000 Euro. 

Ein solcher Betrag ist immer noch schönes Geld, allerdings weit von einer Million entfernt. Delia Owens wird trotzdem mit Sicherheit die Million und mehr erreichen, weil in Deutschland ja noch die Hardcover-Erlöse und E-Books dazukommen, schließlich noch die Tantiemen aus den anderen Ländern. Es läppert sich. Doch die Beispiel-Rechnung zeigt, damit der Status eines Verkaufs-Millionärs auch im Portemonnaie ankommt, muss man eher in Richtung 6 Millionen Bücher verkaufen. Uff!

Jetzt wird es für Autoren hochinteressant. Der Gesang der Flusskrebse gibt es neuerdings als Kinofilm. Wenn der Agent der Autorin oder der US-Originalverlag, je nachdem wem dies vertraglich obliegt, ordentlich verhandelt haben, dann tut sich hier eine goldene Tür auf: Für die Filmrechte lassen sich bisweilen mehr herausgeschlagen als für Buchverkäufe. Ich weiß all dies im Falle Delia Owens natürlich nicht, doch es kommt häufiger vor als man denkt.

Bei Ernest Hemingway beispielsweise, wo ich mich ganz gut auskenne, ist es jedenfalls so gewesen. Hemingway ist steinreich geworden, durch seine Bücher natürlich, er hat schon zu Lebzeiten verkauft wie verrückt. Doch richtig viel Geld aufs Konto spülten die zahlreichen Verfilmungen seiner Werke. In manchen Jahren hat Hemingway mit der Verfilmung seiner Bücher mehr verdient als mit den Büchern selbst.

Windfall Profits nennt der Ökonom diesen Effekt. Gewinne, die wie Blätter vom Herbstbaum wehen. Der Autor muss nicht viel dafür tun, außer einen Vertrag in Hollywood zu unterschreiben. Es scheint als wären wir wirklich im Olymp der Autoren angekommen, jedoch eröffnet der Boom von Streaming gerade in unseren Tagen auch der normalen Autorenschaft nie gekannte Chancen.

In Zeiten von Netflix, Disney+ und Amazon Prime ist das sogenannte Nebenrecht auf Verfilmung ein richtig schweres Pfund. Zudem hat Deutschland mit den reichen Öffentlich-Rechtlichen Sendern, den vielen privaten Fernsehkanälen und den zahlreichen Film-Produktionsfirmen Hunderte von Anbietern, die ständig auf der Suche sind nach guten Stoffen.

Deshalb sollte jeder Autor und jede Autorin von verfilmbarer Belletristik sich dieses

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Hilfe, der Verlag macht zu wenig Marketing für mein Buch!

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Selten habe ich Autoren erlebt, die mit dem Marketing für ihre Bücher zufrieden gewesen sind. Da spielen enttäuschte Hoffnungen die Hauptrolle. Das Werk ist unter viel Schweiß geschrieben worden, Autor und Lektor sind von der Qualität überzeugt, aber in den Regalen des Handels liegt das fertige Buch wie Blei. Der Schuldige ist schnell zur Hand: das Marketing.

Dabei hegen viele Autoren eine – ich sage es höflich – romantische Vorstellung von Marketing. Es wird geträumt von einer Seite im SPIEGEL, einer großen Anzeige in der ZEIT, am liebsten gar ein TV-Spot vor der Tagesschau wie bei Dirk Rossmann. Doch so läuft Bücher-Marketing nicht. Und man sollte auch nicht glauben, in den Werbeabteilungen der Verlage säßen lauter Luschen, die von morgens bis abends Däumchen drehen.

Das Gegenteil ist richtig: Im Marketing der Verlage sitzen Kollegen und Kolleginnen, die das Metier von der Pike auf studiert haben und aus ihrem Arbeitsalltag genau wissen, was funktioniert und was nicht. So weiß selbst ich als Programmplaner aus schmerzlicher Erfahrung: Radiospots verpuffen, Anzeigen in großen Zeitungen bleiben flüchtig, TV im Kosten/Nutzen-Verhältnis jenseits von Gut und Böse.

Richtig gutes Verlagsmarketing in Deutschland sind hauptsächlich Handelsmarketing und Maßnahmen am PoS (Point of Sale). Also alle Werbe- und Verkaufsaktivitäten dort, wo die potentiellen Käufer zu finden ist. In den Buchhandlungen. Und Deutschland kann mit Stolz darauf verweisen, mit die beste Buchhandels-Infrastruktur weltweit zu besitzen. Quantitativ und qualitativ. Wenn Sie es nicht glauben, dann suchen Sie mal in San Francisco eine Buchhandlung.

Handelsmarketing funktioniert beim Buch nachweislich. Die 5.000 Buchhandlungen in Deutschland kennen ihre Kunden, ihre Wünsche und können verkaufen. Sie sind der Transmissionsriemen. Ohne den Handel einen Bestseller zu bauen, schwierig bis unmöglich. Dies wissen natürlich auch die Buchhändler und lassen sich ihre Dienste gut bezahlen. Was für einen Außenstehenden wie die Nettigkeit eines Buchhändlers aussieht, ist meist eine vom Verlag bezahlte Verkaufsmaßnahme.

Ein Schaufenster mit der Buchpräsentation (muss bezahlt werden), ein Verkaufstisch, über den man in der Buchhandlung stolpert (bezahlt), Stapel-Präsentation (bezahlt), Auslage direkt neben der Kasse (heftig bezahlt). In den Buchhandlungen – jedenfalls in denen, wo die Musik spielt – regieren schon seit Jahren knallharte Betriebswirte, die sich wenig um Inhalte und Schöngeistiges scheren. Vielmehr geraten sie in helle Verzückung, wenn sie anhand ihrer Excel-Tabellen für jede Ecke den Umsatz pro Quadratmeter berechnen dürfen.

Man verstehe mich nicht falsch. Ich sage nicht, das ist schlecht oder gut. Es ist halt so. Und es funktioniert in der Regel. Für einen Autor ist diese Art von Marketing leider nicht sichtbar – und sexy ist sie gerade auch nicht. Denn eine Seite im SPIEGEL kann man bei der Familienfeier zufällig auf dem Wohnzimmertisch aufgeschlagen lassen, während ein Verkaufsposter in einer Buchhandlung am anderen Ende Deutschlands keinen vom Hocker reißt.

Damit der Buchhändler sich für einen Titel voll ins Zeug legt, muss ein Verlag ordentlich vorlegen. Die Aktionen – koordiniert vom Verlagsvertreter und dem Key Account – werden unterstützt von Displays, Verkaufs-Boxen, Verkaufsmöbeln, Leseproben, Plakaten. Zusätzlich erhält der Händler neben dem üblichen Rabatt reichlich 12/10 Partien-Stücke (der Verlag liefert 12 Exemplare, nur 10 werden der Buchhandlung berechnet). Wenn der Händler gut verhandelt, dann kriegt er auch noch einen WKZ, einen sogenannten Werbekostenzuschuss, vulgo: Kohle. 

Das alles geht kräftig ins Geld. Deshalb können nur Groß- und solvente Mittelverlage sich solch ein Marketing-Feuerwerk leisten. Kleinverlage geraten ins Hintertreffen. Doch selbst bei den Großverlagen kommen die kostspieligen Handelsaktionen bei weitem nicht jeder Neuerscheinung zuteil. Nur ganz wenige Bücher, die im Vornherein als Spitzentitel auserkoren wurden, dürfen sich darüber freuen. Oder Titel, hier liegt die Chance der Newcomer, die vom Handel in unerwartet hohen Stückzahlen vorbestellt werden. 

Etwa 10 Prozent seiner Gesamterlöse kann ein gesunder Verlag für Marketing kalkulatorisch ausgeben. Das ist für solch eine kleinteilige Branche wenig, prozentual und absolut. Bei solch schmalen Budgets bleibt als einziger Ausweg: Fokussierung. Am effektivsten ist

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Wie lange braucht ein Verlag wirklich, um ein Manuskript zu prüfen?

Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Wie viel Zeit braucht ein gutes Verlagshaus, um ein unaufgefordert eingesandtes Manuskript zu prüfen? Sollten Sie nach 3 Monaten nichts von uns gehört haben, so passt Ihr Buchmanuskript leider nicht in unser Programm. So, oder so ähnlich, liest man auf mancher Homepage der Verlage. Leider können wir wegen der Vielzahl der Einsendungen keine Manuskripte zurücksenden oder individuelle Einschätzung mitteilen.

So weit, so gut. Drei Monate, uff! Der Verweis der Verlage auf die Monatsfristen suggeriert ein wenig, dass man sich intensiv mit den vielen Manuskripten befassen müsse, deshalb die lange Zeitspanne. Doch Hand aufs Herz, wie lange brauchen die Lektorate in den großen Verlagshäusern tatsächlich, um die Qualität eines Titel zu beurteilen?

Versuchen wir es einmal mit mathematischer Logik. Wir haben damals im Verlag rund 20 Vorschläge am Tag erhalten. Wenn man – sagen wir mal – pro Manuskript eine Stunde Prüfzeit ansetzt, dann benötigt man für die Manuskripte eines Tages 20 Stunden Prüfzeit. Bei 8 Stunden Arbeitszeit wären also 2 bis 3 Lektoren damit ausgelastet, von morgens bis abends Manuskripte zu prüfen. Sie merken schon, es wird kurios.

Ein Lektor hat vielfältige Aufgaben: Er muss Programme zusammenstellen, Verlagsautoren betreuen, die Novitäten lektorieren, Herstellung anleiern, Marketing koordinieren, mit dem Controlling im Clinch liegen, Pressearbeit anstossen, Messen besuchen, mit Journalisten sprechen, sich weiterbilden. Für die Beurteilung von unaufgeforderten Neulings-Projekten bleibt so gut wie keine Zeit. Sagen wir sehr großzügig: 5 Prozent der Arbeitszeit eines Lektors bleiben für die Begutachtung von Einsendungen.

Um das eingangs genannte Beispiel aufzugreifen: Einem Lektor blieben also pro Tag 24 Minuten Zeit für die Prüfung von 20 Manuskripten. Und dazu muss man wissen, dass Verlagslektorate sehr schmal besetzt sind. Da laufen keine fünf Lektoren für ein Fachgebiet rum, höchstens einer, allenfalls zwei. So sieht die Rechnung aus, und die Wirklichkeit nicht viel anders.

Die Vorstellung, ein Lektor würde sich eine Stunde in die Prüfung eines unaufgefordert zugeschickten Manuskriptes reinbeißen, ist weltfremd. Ein Lektor schaut sich bestenfalls ein Kurz-Exposé an, beim Manuskript die Gliederung, liest vorne, in der Mitte und am Schluß ein wenig, schaut auf die Vita des Autors – und hat dann sein Urteil. So läuft es ab. Bestenfalls. Um nicht zu sagen, die Ausnahme.

Denn ein Lektor im Verlag ist eine Fachperson mit Erfahrung. Ähnlich einem Musik-Experten, der schon nach den ersten Takten merkt, ob jemand wirklich Klavier spielen kann. Genauso gut erkennt ein versierter Lektor, ob ein Manuskript etwas taugt oder nicht. Ob es von Stil und Aufbau gut ist, oder nicht. Ob es ins Programm passt, oder nicht. 

Ein erfahrener Lektor, das Manuskript vor sich, weiß schon nach Lesen der ersten Seite, wie der Hase läuft. Ich behaupte mal ganz frech, schon

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Wie finde ich einen guten Literaturagenten?

Ein Blick hinter die Kulisse. Subjektive Betrachtungen von Wolfgang Stock; Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Ohne einen Literaturagenten läuft im heutigen Buchgeschäft wenig bis nichts. Wenn ein Newcomer einen Verlag sucht, dann ist eine Agentur in unseren Tagen das beste Einfallstor zur Veröffentlichung. Nur noch bei Kleinverlagen kann man sich direkt bewerben, bei Großverlagen geht so gut wie alles über eine Literaturagentur. Die Erfahrung und die Kontakte einer Agentur sind für einen Autor nicht mit Gold aufzuwiegen.

Dabei hat das Profil eines Literaturagenten in jüngster Vergangenheit einen grundlegenden Wandel durchlaufen. Noch heute findet man die klassischen Literaturagenten wie den Münchner Michael Meller oder Peter Fritz aus Zürich, deren Hauptaufgabe darin besteht, Autoren und ihre Bücher zu vertreten. Diese versierten Makler sorgen beispielsweise dafür, dass ein US-amerikanischer Autor in einem deutschen Verlagshaus bestmöglich (was für den Verlag meist heißt: teuer) untergebracht wird.

Doch hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten das Arbeitsfeld eines Literaturagenten merklich verschoben. Aufgrund der Sparpolitik der Verlage und des Trends zum Outsourcing haben sich die meisten Literaturagenturen zu einem „vorgelagerten Lektorat“ der Buchverlage entwickelt. Insofern wundert es nicht, dass viele ehemalige Lektoren –  nolens volens auf Literaturagent umgesattelt haben.

Die meisten Agenturen haben sich über die Jahre spezialisiert. Die einen auf Kinderbücher, die anderen auf Sachbücher. Eine Agentur mit Profil in Belletristik, die andere steht schwerpunktmäßig für Ratgeber. Jeder Verlagssuchende muss deshalb die richtige Agentur für sein Projekt auskundschaften. Ein gutes Manuskript an die falsche Agentur zu senden, erzeugt nur Frust auf beiden Seiten. Deshalb heißt es zunächst sich schlau machen, forschen, nachfragen und googeln.

Immer mehr Agenten werden auf dem Buchmarkt aktiv, denn der Trend zur Verschlankung der Verlagslektorate geht munter weiter. Die meisten Agenten und Agentinnen kommen aus den Verlagen, sind langjährig erfahrene und hochqualifizierte Lektoren. Mit besten Verbindungen. Für verlagssuchende Autoren ist dieser Wachstumstrend der Literaturagenturen gleich ein zweifacher Vorteil.

Denn wenn ein Markt stetig wächst, nehmen auch Segmentierung und Spezialisierung zu. So ergibt sich die wachsende Möglichkeit, jene Agentur herauszufiltern, die haarklein zum Profil meines Projektes passt. Zum anderen kann ich versuchen, bei kürzlich gegründeten Agenturen unterzukommen. Die Fachmedien BuchMarkt oder Börsenblatt berichten vielmals über diese Neugründungen. 

Bei der Suche kann übrigens auch ein Heimspiel nicht schaden. Wenn die Agentur an meinem Wohnort arbeitet, sollte dies kein Nachteil sein. Denn es gilt ja, eine Beziehung aufzubauen. Jeder Anknüpfungspunkt ist recht. Oder ich schaue mir das CV des Agenten an. Gibt es Überschneidungen? Gleicher Geburtsort? Ähnliches Studienfach? All das kann nicht schaden, die ersten Fäden einer Kommunikation müssen geknüpft werden.

Ich habe für diese Kolumne bei mir befreundeten Literaturagenten nachgefragt, welche Tipps sie geben können, jenseits von Qualität des Manuskriptes und vernünftigem Exposé. Hier im O-Ton ein paar Anregungen der Agenten:

  • Schon im Betreff der E-Mail klar machen, um was für ein Projekt es sich handelt. Da sollte also nicht stehen: Mein Buch, sondern so etwas wie: Tot auf dem Oktoberfest, Krimi aus München. Die wenigsten machen das.
  • Oft kapiert man selbst beim Anschreiben nicht, worum es geht. Die Autoren müssen es schaffen, im Anschreiben ihr Projekt in zwei, drei Sätzen zu beschreiben.
  • Eine Frage möchte ich als Literaturagent bei jedem Buchvorschlag beantwortet bekommen: Warum Sie als Autor genau zu diesem Projekt passen. Wenn im Sachbuch die Absenderkompetenz nicht stimmt, ist selten was zu machen. 
  • Daran denken, dass die eigene Vita zum Buchprojekt passen muss. Verlage veröffentlichen nicht Bücher, Verlage veröffentlichen Kompetenz. Ein Arzt, der ein Philosophie-Buch schreibt, macht wenig Sinn. Noch schlimmer ist es umgekehrt.
  • Die Kompetenz eines Autors muss nachweisbar sein. Wer einen Lehrstuhl oder eine eigene Fernsehsendung hat, ist im Vorteil.
  • Ein Autor sollte mal im stillen Kämmerlein für sich versuchen, einen Werbeslogan für sein Buch zu entwerfen. Da bekommt er ein Gefühl für die Vermarktung. Oder auch nicht.
  • Generell gilt die Empfehlung, dass sich die Leute im Buchhandel umschauen sollten, richtig vor Ort, und prüfen, ob es überhaupt ein Regal für ihr Projekt gibt.
  • Ein potenzieller Autor kann bei einem Buchhändler zu seinem Thema nachfragen. Die Sortimenter wissen eine Menge und müssen das Buch schließlich auch verkaufen.

Man sieht, gute Literaturagenten arbeiten nicht nach bon gusto, sondern klopfen Projekte nach Kriterien ab. Inhaltliche Qualität und eine erstklassige Umsetzung reichen da nicht aus, sie sind die selbstverständliche Grundlage. Darüber hinaus muss man Klarheit schaffen, ob es einen Markt und genug Käufer gibt für das Projekt.

Für den Verlagssuchenden ist die Arbeit mit einem Literaturagenten risikolos. Seriöse Agenten arbeiten ausschließlich auf Erfolgsbasis. Sie erhalten eine prozentuale Beteiligung an den Tantiemen eines Autors. Erst wenn ein Autor ein Honorar vom Verlag erhält, rechnet

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10 Fehler beim Anschreiben, die Neulinge auf Verlagssuche gerne machen

Wolfgang Stock
Autoren-Brief
Ein launiger Blick hinter die Kulissen. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON-Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Als Autor haben Sie schon einiges geschrieben. Mit gutem Zuspruch. Zum großen Glück fehlt nur noch ein guter Verlag. Die Erfolgsformel, wie man sein Manuskript bei einem etablierten Verlagshaus unterbringt, kann Ihnen keiner verraten. Ich auch nicht. Denn es gibt sie nicht. Sonst könnte es ja auch jeder machen. 

Allerdings kann man den Sachverhalt umdrehen. Ich möchte auf ein paar Fallen aufmerksam machen, in die Neulinge bei der Suche nach einem guten Verleger schnell hineinfallen. Nachstehend 10 Fehler, die nach meiner Erfahrung von Verlagssuchenden alleine beim Anschreiben gerne gemacht werden.

  1. Unpersönliche Anrede. Wer sein Anschreiben schon mit Sehr geehrte Damen und Herren oder Wertes Lektorat oder Hi, zusammen anfängt, oje, oje. Da weiß man direkt, hier hat sich keiner der Mühe unterzogen, den richtigen Ansprechpartner ausfindig zu machen. Da darf man sich nicht wundern, wenn es auch eine Standardantwort mit Textbausteinen gibt. Oder gar keine Reaktion.
  2. Ein Anschreiben voller Fehler. Falsche Zeichensetzung, orthografische Patzer, Schnitzer im Adressfeld. Wer macht denn sowas? Keiner, sollte man denken. Kommt aber oft genug vor. Mehr als man denkt.
  3. In der Masse untergehen. Im Verlag haben wir damals einige Dutzend Manuskriptangebote unaufgefordert erhalten. Am Tag. Es schadet nicht, mit dem Anschreiben ein wenig aus der Masse herauszuragen. Wie? Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
  4. Zu lang. Ein Anschreiben ist die Eröffnung einer Kommunikation. Lange Rede über den Inhalt des Manuskriptes, Auslassungen zur eigenen Biografie – sollte man sich sparen. Findet der Lektor woanders. Kurz und auf den Punkt. Schwadronieren ist Unsicherheit.
  5. Ein langweiliger erster Satz. Hiermit biete…, oder Ich möchte Ihnen…Gähn, gähn. Beginnen Sie stattdessen Ihr Anschreiben doch mit einem ehrlichen Lob! Seit langer Zeit beobachte ich Ihre kluge Publikationsstrategie. Oder: Ihr Herbstprogramm war große Klasse.
  6. Sich selbst überhöhen. Sein Manuskript im Anschreiben als den neuen Mega-Seller anzupreisen, ist amateurhaft. Eindruck schinden wollen, das merkt ein Lektor sofort. Da fällt mir der schöne Witz ein von den drei Friseuren, die ihre Läden in Manhattan in einer Strasse direkt nebeneinander haben. Der beste Friseur in Manhattan hat der erste aufs Firmenschild geschrieben. Der beste Friseur in ganz New York, hat sein Nachbar, der zweite Friseur, im Schaufenster gekontert. Und welches Werbeschild hängt der dritte Friseur auf? Der schreibt: Der beste Friseur in dieser Strasse. Wunderbar! Es reicht vollkommen, wenn Sie der beste Friseur in der Strasse werden.
  7. Zu wenig Selbstbewusstsein. Wenn Sie im Anschreiben wie ein kleines Licht auftreten, werden Sie keinen Verlag hell leuchten lassen. Selbstbewusst, aber nicht überheblich! Klar, ein schmaler Grat. Wenn Sie jedoch beispielsweise schreiben: Ich habe bisher im Self Publishing veröffentlicht, mit guten Verkaufszahlen, dann hebt Sie das schon aus den Bewerbern heraus, ohne aufgeblasen zu wirken.
  8. Schlechtes Exposé. Ein stimmiges Exposé ist die Visitenkarte. Eine knappe Übersicht über das Projekt. An anderer Stelle von Autoren-Brief steht dazu Ausführliches.
  9. Der Autor als Problemlöser. Sie müssen dem Verlag Freude bereiten, nicht umgekehrt! Diesen mentalen Shift sollten Verlagssuchende einmal durchspielen, dann fällt vieles leichter: Anschreiben, Exposé, Argumentation, Auftreten. Ist so ähnlich wie bei Job-Bewerbern, die dem Chef sagen Es würde mir Spass machen, in Ihrer Firma zu arbeiten. Falsche Perspektive! Spass sollte der haben, der zahlt.
  10. Danke. Zum guten Schluss des Anschreibens. Welch ein magisches Wort! Es wird zu oft vergessen. Danke für Ihre Mühe. Oder: Vielen Dank für Ihre Unterstützung. So wie der erste Satz des Anschreibens die Melodie der Kommunikation legt, so klingt ein letzter guter Satz lange nach.

Wahrscheinlich gibt es noch mehr Punkte. An dieser Stelle, demnächst. Vielen Dank, dass Sie diese Kolumne gelesen haben. Ich hoffe, Sie haben die eine oder andere Anregung mitgenommen.

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