Tipps und Infos rund ums Schreiben und Verlegen

Autor: Wolfgang Stock Seite 3 von 11

Eine Biografie muss knallen und krachen

Autoren-Brief
Biografie
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Ich möchte meine Biografie schreiben,  verrät ein Forist, mein Leben hat etwas Bombastisches. An vielen Ecken der Facebook-Foren trifft man auf diesen tiefen Literaten-Wunsch: Ich möchte meine Biografie verfassen. Für meine Kinder, für die Enkel, für die Ewigkeit. Man versteht das Verlangen. Wer schreibt, der bleibt

Und als Begründung heißt es oft: Mein Leben ist außergewöhnlich verlaufen. Oder: Ich habe etwas ganz Besonderes geschafft. Man möchte es glauben, denn jedes Leben stellt etwas Einzigartiges dar. Sich aus schwierigen Verhältnissen hochgearbeitet, eine schlimme Krankheit bekämpft, ein Sehnsuchtsziel gefunden. Alles ehrenwert. Nur gibt es bei den Biografien von Otto Normalbürger ein Problem: Niemand will sie lesen.

Warum? Weil man nichts Unbekanntes von Unbekannten erfahren will. Bei MüllerMeierSchulze fehlt einfach der niedere Instinkt zum Schlüsselloch. Die erfolgreiche Formel hingegen: Unbekanntes von bekannten Gesichtern. Das funktioniert. Nicht immer, aber ziemlich oft. Prinz Harry packt aus. Gottschalk erzählt von seiner neuen Liebe, Elon Musk brüstet sich als Visionär. Stars und Sternchen. Wer sich eh schon in den Medien tummelt, zieht noch mehr Neugierde an.

Biografien, die sich verkaufen, schauen nicht rein in den Menschen, sondern hinaus in den Trubel. So etwas verkauft sich. Wie bei Harry. Alle frohlocken: der Handel über volle Läden, der Verlag über einen Megaseller und der Autor über die Honorar-Millionen. Für 26 Euro bietet Prinz Harry ja auch allerhand an: Knatsch mit Vater und Bruder, Rassismus im Palast, Entjungferung auf dem Gemüseacker. Das sind die Storys, auf die wir gewartet haben. Thank you, Harry!

Doch soll es bei diesem einen Buch bleiben? Band 2 wird wohl angedacht, dieser Prinz ist ein wahres Konjunkturprogramm für die Buchbranche. Auch die Gattin will zur Feder greifen, ich warte nur noch auf das Buch vom Chauffeur. Nicht am Familientisch im Palast wird die Fehde ausgetragen, das Schlachtfeld findet statt zwischen zwei Buchdeckeln.

Ich schreibe ein Buch – das ist sicherlich die stärkste Drohung, mit der sich heutzutage ein Gegner in Angst und Schrecken versetzen lässt. Früher wurde bei Dramen solcher Art ein Handschuh hingeschmissen und zum Duell im Morgengrauen gerufen, heute schlägt man sich nicht den Degen um die Ohren, sondern die Folianten. Und der Kontrahent, der früher schrie „Ich rufe meinen Anwalt an!“, kontert neuerdings: „Sie hören von meinem Verleger!“.

Jubel auch in den Lektoraten der Verlage. Adieu mit der Hafermilch-Diät, vorbei die Zeit der Baumstamm-Kuschler und der listigen Steuerfüchse. Nein, jetzt kommen die Nichts-als-die-Wahrheit-Themen. Warum noch die Feuilletons der ZEIT studieren, wozu sich noch durch die Fachmagazine wälzen? Nein, ein Blick in die BILD Zeitung und schon haben Lektoren ihre zukünftigen Seller-Kandidaten.

Wer eine Biografie schreibt, der springt hinein in eine bunte Welt. Jeder Gutgläubige sollte dreimal überlegen, ob er sich in einem

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Kann man als Buchautor in einem kleinen Verlag erfolgreich sein?

Autoren-Brief von Wolfgang Stock
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Zu Anfang gleich der harte Boden der Wirklichkeit: Ein richtig guter Verkaufserfolg in einem Verlag – einerlei ob groß oder klein – ist unwahrscheinlich. Ziemlich unwahrscheinlich. Alles andere als ein Flop wäre eine Überraschung. Was natürlich zugleich heißt, dass es sie gibt, die Überraschungen.

Das richtige Thema, zur richtigen Zeit, der richtige Autor, die richtige Vermarktung – da muss allerdings schon so einiges zusammenkommen. Fünf Richtige im Lotto sind wahrscheinlicher. Die Chancen für einen Bucherfolg stehen also schlecht, sowohl in einem großen als in einem kleinen Verlag.

Kleinverlage haben gegenüber Großverlagen zunächst eine Reihe von strukturellen Nachteilen. Sie können in Vertrieb, Marketing und Pressearbeit nicht auf einen mächtigen Apparat zugreifen wie die Großen. Sie haben einen schweren Stand im Buchhandel. Sie bezahlen beim Papier höhere Preise, weil sie Druckaufträge nicht bündeln können. Die Autorenhonorare fallen mickrig aus, Lizenzverkauf ist eher unwahrscheinlich. Wohin man blickt, alles Nachteile.

Doch auch bei Großverlagen ist nicht alles Gold, was glänzt. Großverlage agieren wie dicke Dampfschiffe. Imposant in Erscheinung, alle Annehmlichkeiten an Bord, aber man schippert nur schwerfällig über Wasser. Die Bordkapelle spielt die schönen Schlager, aber meist jene von gestern. Den Trends und den Neuerungen laufen Großverlage im Regelfall hinterher. Üppige Einheiten fokussieren sich zwangsläufig auf den Massenmarkt, auf das Gängige. 

Und große Einheiten beschäftigen sich viel mit sich selbst. Mit Eifersüchteleien, mit Revierkämpfen und Überbietungen. In der Programmpolitik setzen sie zumeist auf Nummer sicher. Wenig Experimentierfreude, die gleichen Themen, die gleichen Gesichter. Kleinverlage gehen mehr ins Risiko, schauen auf Neuland und weiße Flecken. Die Vielfalt der Buchbranche verdanken wir großteils den Kleinverlagen.

Die üblichen Programme der Großverlage sehen austauschbar aus, wahrscheinlich sind sie es auch. Trotzdem schauen das Publikum und das Feuilleton voller Bewunderung auf die großen Namen. Dabei wäre ein aufmerksamer Blick auf die Kleinverlage interessanter.

Aber Obacht: Auch bei den Kleinverlagen gibt es solche und solche. Die meisten kleinen Verlage sind deshalb klein, weil sie

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Erst wenn Sie als Verlagsautor die dritte Stufe erreicht haben, klingelt’s richtig in der Kasse

Wolfgang Stock
Autoren-Bried.de
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Buch
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Jeder Autor hat so seinen Traum. Meist fängt es bescheiden an. Man ist schon froh, wenn man einen Verlag findet, der das Manuskript als Buch veröffentlicht. Alleine das ist schon schwierig genug. Ist das Buch dann in einem schönen Verlag erschienen, bangt man, ob es sich richtig gut verkauft. Noch schwieriger. Solche Wünsche eint wohl alle Verlagsautoren.

Verlagsautor, endlich! Doch Autor ist nicht gleich Autor. In der Hierarchie großer und erfolgreicher Verlage gibt es drei Stufen von Autoren. Erst wenn man die dritte, die höchste Stufe erreicht hat, erklimmt man pekuniär den Literaten-Olymp. Erst dann leuchtet es sattgrün auf dem Bankkonto. Doch, wie definieren sich die drei unterschiedlichen Stufen?

Die erste Stufe. Auf der ersten Stufe in der Verlagshierarchie finden wir den normalen Autor. Normales Thema, normale schreiberische Reputation, normales Honorar. Auf dieser Stufe greift der Standard. Die übliche Tantieme, wie für 80 Prozent der Kollegen auch. 8 bis 10 Prozent vom Netto-Ladenverkaufspreis (LVP abzüglich 7 % Mehrwertsteuer). Keine Diskussion.

Die zweite Stufe. Die zweite Stufe erreichen jene Autoren und jene Buchprojekte, die mit besonderen Ambitionen und Erwartungen ins Rennen gehen. Hier erhält der Autor nicht nur die schnöde Tantieme-Regelung, sondern zudem ein Garantiehonorar. Ein Garantiehonorar ist eine Vorschusszahlung, die mit zukünftigen Tantiemen verrechnet wird. Non-returnable Advance against Royalties steht in solchen Fällen in internationalen Verträgen.

Als Clou: Das Garantie-Geld muss nicht zurückgezahlt werden. Verkauft ein Verlag weniger als dem Autor nach Ausgleich der Garantie zusteht, dann hat der Verlag Pech gehabt. Der Autor kann die Garantie behalten. Verkauft er mehr, dann erhält der Autor natürlich zusätzliche Tantieme-Zahlungen für alle über die Garantie hinausgehenden Ansprüche.

Dabei ist die Höhe einer solchen Garantiezahlung kein willkürlicher Wert, sondern errechnet sich nach einer betriebswirtschaftlichen Formel: der hälftigen Verkaufserwartung. Beispiel: Pro verkauftes Buch steht dem Autor eine Tantieme von 1,80 Euro zu. Man hegt eine Verkaufserwartung von insgesamt 20.000 Exemplaren. Für 10.000 Exemplare könnte also eine Garantiezahlung erfolgen, demnach in Höhe von 18.000 Euro.

Und auch die Höchst-Tantieme wird auf der zweiten Stufe ein wenig höher geschraubt, vielleicht um 1 oder 2 Prozentpunkte, aber das ist nicht das Wesentliche. Ich würde als Autor vielmehr versuchen, die Garantiezahlung nach oben zu verhandeln. Denn eine hohe Garantie setzt den Verlag unter Druck, das entsprechende Buch zwecks Refinanzierung auch kräftig zu bewerben.

Die dritte Stufe ist dann die Königsklasse. Der Autor, sein Themengebiet und die Zielgruppe sind so extraordinäre, dass man ihm eine Spezialbehandlung angedeihen lässt. Das Verlagshaus bietet dem Autor

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Kompetenz

Viele Menschen haben keine Ahnung. Aber davon sehr viel.

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Wie kalkuliert der Verlag ein Buch?

Wolfgang Stock
Autoren-Brief.de
Verlag
Buch
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Neulich fragt mich jemand, wenn ein Autor eine Tantieme von lediglich 8 Prozent des Ladenverkaufspreises bekommt, wo denn dann das ganze andere Geld bleibt. Ein wenig schwingt dabei der kritische Unterton mit, wenn der Verlag 92 Prozent einbehält, dann müsse dieser sich wohl dumm und dusselig verdienen. Schön wär’s.

Lassen wir uns mal grob nachrechnen. So macht ein Verlag dies auch, natürlich viel detaillierter, aber als Muster ist der Aufbau gleich. Der Verlag erstellt für jedes Buch eine sogenannte Deckungsbeitragsrechnung, dies meint, das Controlling rechnet mehrstufig die Produktivität eines jeden Buches aus. Also welchen Anteil an den direkten und indirekten Kosten jedes einzelne Buch „übernehmen“ muss. 

Nachfolgend dazu eine Musterrechnung. Da mag sich manches um ein, zwei Prozentpunkte verschieben, je nach Größe und Befindlichkeit des Verlagshauses. Setzen wir den Umsatz (sagen wir: Ladenverkaufspreis für ein Taschenbuch: 10,00 Euro) als 100 Prozent.

Einnahmen  (10,00 Euro)                                    100 Prozent

abzüglich Kosten
Umsatzsteuer/MwSt.                                                               7 Prozent
Druck/Produktion                                                                  15 Prozent
Rabatt Buchhandel/Barsortiment                             35 – 50 Prozent
Marketing                                                                         8 – 10 Prozent
Tantieme Autor                                                                8 – 12 Prozent
Gehälter Verlagsangestellte                                        18 – 20 Prozent
Miete, Equipment, Versicherungen etc.                              5 Prozent
Summe Kosten                                                   96 – 119 Prozent 
Gewinn vor Steuern                                                        4 bis -19 Prozent       

Wenn alles ideal läuft, aber wann läuft es schon ideal im Leben, dann bleiben 4 Prozent des Ladenverkaufspreises beim Verlag als Gewinn hängen. In diesem Fall (10,00 Euro LVP) also 40 Cent. Idealerweise! Wenn’s schlecht läuft, schlägt ein Verlust von 1,90 Euro ein. Pro Buch! Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte, aber mit deutlicher Tendenz ins rote Feld.

Zum Glück haben Verlage noch zusätzliche Einnahmen, beispielsweise Lizenzerlöse (wo der Deckungsbeitrag hoch ist) oder Print-Nachauflagen und E-Books, wo die Rentabilität ebenfalls besser ist. Auf der anderen Seite gibt es Kosten und Abgaben im Verlag, die man als Normalsterblicher nicht auf dem Schirm hat, von der Abgabe zur Künstlersozialversicherung über die Abwertungen des Lagerbestandes bis hin zur Insolvenzgeldumlage. Alles in allem werde ich also mit obiger Musterrechnung nicht so verkehrt liegen. 

Jetzt wird es für Autoren bitter. Denn wenn es mal nicht so läuft, also im Regelfall, dann gibt es in der Musterrechnung eigentlich nur einen Kostenblock, den ein Verlagshaus direkt und schnell beeinflussen kann: die Marketingkosten. Ich kann ja nicht von jetzt auf gleich die Gehälter der Angestellten kürzen oder die Versicherungspolice nicht bedienen.

Nur beim Marketing kann ich als Verleger flott den Rotstift ansetzen. In diesem Fall beißt sich allerdings die Katze in den Schwanz. Wenn ich weniger ins Marketing investiere, fällt die Bewerbung schwächer aus und die Verkäufe nehmen ab. Da wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die fatal für die Erlössituation ist.

Im Augenblick ist es so, dass die Produktionskosten steil nach oben schießen, weil der Papierpreis so rasant steigt. Auch diese Entwicklung kann ein Verlag nicht beeinflussen, der Papierpreis ist ein Weltmarktpreis. Wenn sich die Kosten für Papier verdoppeln und verdreifachen, wie soll ein Verlagshaus dies auffangen? Die Lage ist bescheiden.

Wenn ein kühler Betriebswirt auf diese sympathische Branche schaut, dann wird er das kalte Grausen kriegen. Alles hängt mit den Eckpfeilern der Branche zusammen: kleine

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Wie werde ich Lektor?

Autoren-Brief
Lektor
Wolfgang Stock
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Traumjob Lektor? Was mit Medien, das ist ja bekanntlich das Ziel vieler Studenten in unseren Tagen, besonders in den Geisteswissenschaften. Also Buchlektor oder Buchlektorin. Doch wie kommt man an sein Ziel? Zunächst muss angemerkt werden, dass Lektor kein rechtlich geschützter Berufsbegriff ist. Ebenso wenig wie Journalist.

Journalist oder Lektor kann sich jeder nennen, der mal drei Sätze unfallfrei geschrieben oder korrigiert hat.
Man kann als freier Lektor arbeiten oder angestellt in einem Verlagshaus als Verlagslektor. Auch ein Status dazwischen wie fester Freier trifft man gelegentlich an. Lektor ist also eine vielschichtige Jobbeschreibung. Korrekterweise müsste ich statt Lektor eigentlich Lektorin sagen. Denn der Frauenanteil liegt hoch, nach meinem Eindruck weit über dem der Männer. Das ist erfreulich!

Was also muss ein guter Lektor können? Er muss zunächst sprachlich regelfest sein. Orthografie, Grammatik, Stilkunde, Tempi, Satzbau – das darf alles kein Problem darstellen. Er muss dazu ein gutes Sprachgefühl mitbringen. Sich in der Literaturgeschichte auskennen, kein Fehler. Wenn es um spezielle Lektorate geht – für Ingenieure, Wirtschaft oder Medizin – muss er oder sie fest sein in der Begrifflichkeit und beim entsprechenden Basiswissen. Eine umfassende Allgemeinbildung sollte zudem die Grundlage von allem sein.

Ein Lektor darf nicht mit dem Korrektor verwechselt werden. Ein Korrektor kümmert sich streng um Rechtschreibung und das richtige Setzen der Kommas. Ein Lektor hingegen ist für den Inhalt im weitesten Sinne zuständig. Für Aufbau, Logik, Sprache. Zudem vertritt er das Buchprojekt gegenüber anderen Abteilungen wie Marketing, Presse und Controlling. Von manchem Lektor, bei kleinen oder klammen Verlagen, wird erwartet, dass er die Aufgabe eines Korrektors gleich miterledigt.

Eine Hochschulausbildung erachte ich für erforderlich. Aus zwei Gründen. Erstens, das Rüstzeug. In einem Studium der Germanistik, Anglistik, Philologie oder Ähnlichem vertiefe ich mit Grammatik, in Literaturwissenschaft und Linguistik die hilfreichen Basics. Zum anderen ist der Lektor der inhaltliche Betreuer eines Manuskriptes. Da gilt es, mit dem meist profilierten Autor auf Augenhöhe zu kommen. Der Lektor muss das Standing besitzen, von seinem Gegenüber ernst genommen zu werden. 

Verlagslektoren müssen vor allem ein gutes Näschen für Trends besitzen. Über den Tellerrand schauen können. Ins Ausland, zu anderen Segmenten und in andere Branchen. In welche Richtung läuft es? Was wird in zwei Jahren gelesen? Dann muss man die planerische Fähigkeit besitzen, ein stimmiges Programm umzusetzen. Ach ja, ein Lektor muss mit Zeitdruck umgehen können. Er muss offen sein für Kritik. Auch eine Akribie am Text zeichnet einen guten Lektor aus, er sollte immer auf der Suche sein nach dem Besseren.

Sehr wichtig: Man muss mit Menschen umgehen können. Ein Lektor – ob frei oder angestellt – betreut nicht nur ein Manuskript, sondern auch den dazu gehörigen Autor. Ein Lektor muss kritisch sein, sehr kritisch – die Kritik sollte allerdings immer konstruktiv ausfallen. Gegenseitiges Vertrauen erleichtert nicht nur das Zusammenspiel, eigentlich ist es die Grundlage.

Doch wie verläuft der Berufsweg? Der Wege zum Ziel ist nicht gerade und auch steinig. Viele gehen die Ochsentour. Nach (oder schon während) des Studiums kleine Aufträge von Verlagen, Gutachten, die ersten (meist zweitrangigen) Bücher lektorieren. Praktikum oder Volontariat, man sollte solche Chancen beim Zopf packen. Später kommen dann die besseren Aufträge, wahrscheinlich zunächst als freier Lektor.

Und wenn etwas im Verlag frei wird (durch Jobwechsler, Schwangerschaft oder Programmausbau), zuschlagen. Doch vielleicht will man dies ja gar nicht und zieht es vor, als freier Lektor zu arbeiten. Es gibt ganz hervorragende freie Lektoren und Lektorinnen in der Branche, man kann sich – frei von den Verlagszwängen – voll auf das Manuskript konzentrieren. Nur muss man sich um die Akquisition entsprechender Aufträge selber bemühen.

Ein Einstieg in die Verlagsstruktur funktioniert nur dann, wenn man engen Kontakt zu seinem Verlag hält. Deshalb ist mein Rat: als freier Lektor nur für einen Verlag zu arbeiten, dies aber umfassend. Das birgt ein gewisses Risiko, doch schätze ich die Chancen höher ein. Wir sehen, ganz schön facettenreich und anspruchsvoll, das Profil eines Lektors. Dazu der Konkurrenzdruck innerhalb der Lektorate. Auch damit muss man umgehen können. 

Was verdient man als Lektor? Meist hängt es an der Größe des Verlages, an seiner Solvenz und an der individuellen Leistung. Es gibt keine Tarifverträge für Lektoren, anders als bei Zeitungsredakteuren. Aber in der Größenordnung dürfte das Niveau ähnlich liegen. Nachstehend ein paar Daumenwerte. Gehen wir von einem mittleren bis großen Verlag aus, der zudem nicht in den roten Zahlen steckt. Einstiegsgehalt, alles brutto natürlich: um die

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Was ist die wichtigste Voraussetzung für einen Buchautor?

Wolfgang Stock
Autoren-Brief
Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Neulich fragte im Forum ein Fernfahrer, ob er überhaupt eine Chance als Autor habe. Sein Leben, so seine Aussage, sei ja nicht groß interessant gewesen. Einspruch, Euer Ehren! Es macht mich immer wieder trübsinnig, wie manche Frauen und Männer ihr Leben kleinreden. Ebenso, wie mich amüsiert, wenn manche ihr Leben überhöhen. Beides finde ich befremdlich.

Natürlich ist das Leben dieses Fernfahrers interessant, jedes Leben besitzt etwas Besonderes. Der Mensch fängt nicht beim Abitur an, man muss nicht den Himalaya besteigen, um Außergewöhnliches zu leisten. Als Trucker hat er sicher viel erlebt auf seinen Touren, in Deutschland und in Europa. Sein Thema liegt, nicht nur im sprichwörtlichen Sinne, auf der Straße.

Eigentlich schon die Grundlage für ein gutes Buch. Ich schildere, was ich erlebt habe. Nicht, was ich fabuliert und mir zusammengereimt habe. Authentizität ist wichtig, ein Buch muss glaubhaft sein, ein Autor verbürgt sich für den Inhalt. Wenn einem Buchprojekt die Glaubwürdigkeit abgeht, macht er sich angreifbar, das Marketing wirkt aufgesetzt und die Marktchancen gehen gegen null.

Die zentrale Prämisse für ein authentisches Buchprojekt: Das Thema muss zum Autor passen. Ebenso wie der Autor zum Thema. Mein Rat an den Fernfahrer wäre insofern: Ein Krimi im Fernfahrer-Milieu, ein informatives Sachbuch für Trucker, ein kritisches Buch über die Strukturen in der Branche. Alles plausibel, würde alles passen. Ein Thriller aus der Finanzwelt – eher nicht.

Wenn wir uns im Lektorat auf Autorensuche begaben, dann hatten wir in den allermeisten Fällen das Thema zuerst. Suchten wir einen Buchautor zum Thema Inflation, dann klapperten wir die Lehrstühle ab, befragten die Wirtschaftsinstitute, besuchten die Wirtschaftsredaktionen der wichtigen Zeitungen. Irgendwo wartete unser Autor. Die Aufgabe eines Lektors war, den Bestmöglichen zu finden.

Das Thema sucht sich seinen Autor, wie wir

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Mit Marketing will ich nichts zu tun haben!

Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Auf der Frankfurter Buchmesse bin ich im zwanglosen Gespräch über eine bemerkenswerte Aussage gestolpert. Mit Marketing will ich nichts zu tun haben, meint da ein aufgebrachter Buchautor. Ich bin froh, wenn der Verlag das übernimmt. Oha! Da musste ich dann doch zweimal tief durchatmen.

Eine solche Verweigerungshaltung, sie ist nicht untypisch in kreativen Branchen, trifft man in der Autorenschaft gerade von belletristischen Werken des Öfteren an. Marketing, Werbung oder Kommerz, das ist irgendetwas zwischen bäh und igitt. Ein krummes Verschachern, unter Zuhilfenahme von Täuschung und Trickserei.

Als Schöngeist möchte man sich mit solch windigen Methoden jedenfalls nicht die Hände beschmutzen. Menschlich vielleicht noch nachvollziehbar, fachlich bewegt sich ein Autor oder eine Autorin mit solchen Attitüden jedoch mit vollem Karacho in eine Sackgasse.

Als größten Irrtum erkenne ich eine vollkommen falsche Einschätzung zur Stärke und zu den Möglichkeiten eines Verlagshauses. Die nackte Wahrheit ist: Ein Verlag wird „das Marketing“ für einen unbekannten Autor nicht abdecken. Kleinen Verlagen fehlt dazu das Geld und selbst die großen Verlagsgruppen klotzen nur bei den Spitzentiteln. Die knappen Ressourcen in unserer kleinteiligen Branche müssen überall klug verteilt werden. Marketing mit der Gießkanne funktioniert erwiesenermaßen nicht, man muss schon mit dem Gartenschlauch kräftig auf eine Stelle draufhalten.

Ein gesunder Verlag kann – grob gerechnet – etwa 10 Prozent seines Umsatzes für Marketing ausgeben. Das ist schon überaus großzügig gemessen. Wenn ein Taschenbuch 5.000 Exemplare verkauft, zu 12,00 Euro, dann hat der Verlag kalkulatorisch einen Marketingetat von 6.000 Euro für diesen Buchtitel zur Verfügung. Hört sich nach viel an. Sind aber Peanuts.

Träume vieler Autoren von großen Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sind da schnell ausgeträumt. Dazu eine Frage: Was schätzen Sie, wie viel kostet eine Anzeigenseite in DER SPIEGEL? Ich verrate es Ihnen: 99.500 Euro. Für eine einmalige Schaltung. Ich sage dies, damit Sie nachvollziehen können, was man mit 6.000 Euro im Marketing so anstellen kann. Nämlich wenig bis nichts. Zumal auch kleinere Titel davon ihren Anteil an den Marketing-Overheads übernehmen müssen.

Aus diesem Grund konzentrieren Verlage ihre knappen Etats lieber auf sogenannte A-Titel. Als A-Titel bezeichnet man die Neuerscheinungen von Berühmtheiten mit Bestseller-Flair. Schauspieler mit ihren Biografien, Prinzessinnen mit dem Blick durchs Schlüsselloch. B-Titel sind solche von bereits eingeführten Autoren mit Stammpublikum, die auch so ihre Käufer finden. Und die  C-Titel? Das sind die Novizen. Die fallen in der Hackordnung meist hinten runter.

Die Realität in den Verlagshäusern sieht so aus, dass

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Das neue Jahr…

Wird’s besser? Wird’s schlimmer?, fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich: Leben ist immer gefährlich.
Erich Kästner

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Die meisten Bücher verkaufen weniger als 100 Exemplare

Bücher Flops
Wer mehr als 100 Bücher verkauft, gehört prozentual schon zu den Top Ten.

Jenes Phänomen, dass ein Prozent des Angebots rund 50 Prozent des Gesamtvolumens erwirtschaften, ist auch in manch anderen Wirtschaftszweigen zu beobachten. Erschrocken hat uns dann aber doch, dass 90 Prozent aller angebotenen Titel keine 100 Exemplare verkaufen sollen. Verrät der Verleger des Goldegg-Verlages im Deutschlandfunk. Möglicherweise greift Elmar Weixlbaumer ein paar Prozentpunkte zu hoch, aber im Großen und Ganzen liegt er wohl richtig.

Wer als Autor, Verlagsmanager oder Self Publisher lange genug in diesem Geschäft gearbeitet hat, der gibt sich keiner Illusion hin über die Rentabilität von gedruckten Büchern. Der Traum vom lukrativen Bestseller oder ertragreichen Longseller ist – für Schreiber als auch für Verleger – wie der Traum von den 6 Richtigen mit Zusatzzahl. Einen auskömmlichen Wohlstand mit dem Schreiben von Büchern zu erreichen, dies bleibt möglich, ist jedoch überaus schwierig.

Jedes Jahr wird ein großes Rad gedreht und am Ende stehen alle Beteiligten blank da. Der Autor kriegt eine mickrige Tantieme, der Verlag befindet sich mit einem Bein vor dem Insolvenz-Richter und der Buchhändler verdient unterm Strich auch nichts. Wie könnte es auch anders sein, in einer Branche, in der die allermeisten der 80.000 Neuerscheinungen weniger als 100 Exemplare verkaufen? Oder wenn in den Foren von BoD diskutiert wird, ob die durchschnittliche Jahresauflage wirklich bei 17 Exemplaren pro Titel liegen kann.

Wird sich die Lage im Jahr 2023 aufhellen? Die Frühindikatoren verheißen nichts Gutes. Im Augenblick schießen vor allem die Produktionskosten nach oben. Besonders Papierpreis, Energie und Transport steigen steil an. Dazu die hohe Inflation, der Ukraine-Krieg und ein Attentismus bei Investitionen und Konsum. Der Kuchen kann nochmals ein Stück kleiner werden. Die Lage ist überaus bescheiden, der Ausblick auf das neue Jahr ebenso.

Wenn man mit dem Auge eines Ökonomen auf diese sympathische Branche schaut, dann

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