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Schlagwort: Self Publishing

Guerilla-Marketing für Buchautoren

Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Haben Sie als Autor vielleicht mal 100.000 Euro übrig? Wunderbar! Dann können Sie überlegen, ob Sie für Ihr Buch eine ganze Seite in DER SPIEGEL schalten. Dort kostet eine Innenseite schlappe 99.500 Euro. Für eine einzige Schaltung. Für Self Publisher vielleicht dann doch keine so gute Idee. Und auch ein Verlag wird so schnell nicht seine Schatulle derart öffnen. Als Autoren müssen wir uns etwas anderes überlegen.

In den 1980er-Jahren hat der US-Werbeexperte Jay C. Levinson ein interessantes Buch geschrieben: Guerilla Marketing. Er nimmt sich darin der kleinen Unternehmen an und der Freiberufler, die keinen großen Marketing-Etat besitzen. Guerilla Marketing – Offensives Werben und Verkaufen für kleinere Unternehmen. Der Untertitel beschreibt es wunderbar. Das Ziel, wie beim Guerilla-Kampf gegen eine große Armee: mit geringem Mitteleinsatz eine große Wirkung erzielen.

Neue und unkonventionelle Ideen sind gefragt, um bei geringen Kosten eine möglichst große Anzahl von Personen zu erreichen. Beim Guerilla-Marketing muss das Verhältnis von Werbenutzen und Werbekosten günstig sein. Keine Massenwerbung mit hohem Streuverlust, sondern auf den Kunden zugeschnittene Verkaufswerbung mit dem Nutzen im Fokus.

Verlage vernachlässigen das Marketing mehr und mehr. Das Geld ist knapp. In den Genuss von adäquaten Werbemaßnahmen kommt nur noch die Crème de la Crème der Neuerscheinungen. Für 80 Prozent der Novitäten gibt es nur ein paar verkümmerte Maßnahmen, für viele gar nichts. Richtig viel Werbekohle wird nur der 1-Prozent-Spitze der Fitzek, Link und King zuteil (obwohl das goldene Zeitalter auch da vorbei ist).

Manche Verlage erwarten von ihren Autoren wie selbstverständlich, dass sie selber das Marketing in die Hand nehmen. Für Self Publisher ist dies nichts Neues. Aber es gibt ein Geschenk des Himmels, das Abhilfe bringt. Das Wunderding heißt Internet. Es kann nicht nur als Vertriebskanal, sondern auch als Kanal fürs Marketing dienen. Was früher in den Zeitungen und Zeitschriften nur den oberen Zehntausend vorbehalten war, steht nun für alle offen. Ich kann trommeln, oft für lau, manchmal für kleines Geld. Und das Schönste: Ich muss meist an keinem Gatekeeper vorbei. 

Es muss einem Autor gelingen, Momentum zu erzeugen. Mit ideenreichem Mikro-Marketing eine werbliche Dynamik zu erzeugen. Virales Marketing. Es ist wie früher die Mund-zu-Mund-Propganda (die immer noch wichtig ist), die Werbebotschaft muss sich teilen und weiterwandern. Mit einem kleinen Etat und viel Einfallsreichtum wird der Werbekanal bedient, der günstig zu belegen ist. 

Mit zielgenauen Maßnahmen die potentiellen Käufer erreichen. Je kleiner die Zielgruppe ist, desto besser. Die Strategie beim Guerilla-Marketing ist klar: Dort hingehen, wo die Zielgruppe zu finden ist. Jeder Autor sollte für sein Projekt im Vornherein diesbezüglich die Ideen sammeln. Denkbar wären: 

  • regionale Verankerung nutzen (Buchläden, Kioske, Händler, etc.)
  • Verfassen von Leserbriefen in der regionalen Zeitung
  • Pressearbeit über die lokale Zeitung
  • Kommentare in Blogs und auf Portalen
  • Vorträge
  • Teilnahme an Podiumsdiskussionen
  • Internetforen
  • Themengruppen in Facebook
  • Beiträge in themenbezogenen Communitys
  • E-Mail-Marketing
  • Newsletter-Marketing
  • während der Recherche stößt man auf Firmen, Menschen, Multiplikatoren. Diese nach Erscheinen des Buches kontakten und auf die Neuerscheinung aufmerksam machen
  • Leserunden bei LovelyBooks o.ä.
  • eigenes Blog
  • Erstellen eines Buch-Trailers
  • direkter Kontakt auf Buchmessen.

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Die großen Vorteile des Self Publishing: Time und Timing

Die launige Meinungs-Kolumne von Wolfgang Stock, ehemaliger Cheflektor ECON Verlag und BuchMarkt-Kolumnist. Foto: Daniel Biskup.

Für viele Autoren ist das Self Publishing in irgendeiner Art und Weise nur der Plan B. Zuerst versuchen Autoren mit ihrem Manuskript bei einem Verlag unterzukommen oder zumindest bei einer Literaturagentur unterzuschlüpfen. Erst wenn all diese Bemühungen keine Früchte tragen, nehmen sie das Self Publishing ins Augenmerk.

Die Nachteile des Self Publishing liegen seit jeher offen auf der Hand und sind hinreichend thematisiert worden: Beim Verlegen auf eigene Faust kann man nicht auf die klassischen Verlagsstrukturen zurückgreifen und muss alles selber machen. Das Lektorat wird aus eigener Tasche bezahlt, Korrektorat kostet auch, ebenso wie eine gute Cover-Gestaltung. Hoch liegen weitere Hürden am Wegesrand. 

Ist das Buch beim Self Publishing schließlich auf dem Markt, bleiben die Nachteile. Der Vertrieb über die Buchhandlungen ist mühsam, Werbung und Pressearbeit müssen in Eigenregie erstellt werden, der Weg in die Feuilletons der Zeitung ist mit Vorurteilen gepflastert. Damit sind sicherlich noch nicht alle Minuspunkte aufgeführt, ich lasse es für heute mal damit bewenden.

Interessant ist anzumerken, dass in den letzten Jahren der technologische Fortschritt den Self Publishern in die Hand spielt hat. Print on Demand konnte seine Prozesse so beschleunigen und professionalisieren, dass selbst bei Losgröße 1 nun eine Über-Nacht-Lieferung möglich ist. Der Firmenverbund von BoD und Libri ist ein Segen. E-Books, eine Domäne der Self Publisher, können unkompliziert und kostengünstig erstellt und angeboten werden. Dazu listen die großen Plattformen – von amazon über Hugendubel bis VLB – in der Regel auch die Bücher der Self Publisher, ohne beim Zugang einen Unterschied zu den Büchern etablierter Verlage zu setzen.

Als Self Publisher steht man dankbar vor diesen Verbesserungen, vieles läuft in die richtige Richtung. Nachdem die Nachteile aufgezählt sind, das Trostpflaster verteilt wurde, bleibt eine andere Frage im Raum: Wo liegen die Vorteile von Self Publishing? Sicher, Print on Demand, der Druck nur nach Bestellung minimiert die betriebswirtschaftlichen Risiken der Lagerhaltung. Die Tantieme pro verkauftem Buch ist im SP wesentlich höher. Und ganz wichtig bleibt aus Autorensicht, Herr über Inhalt und Ausstattung zu sein.

Die betriebswirtschaftliche Risikominimierung und die inhaltliche Autonomie sind zwei Riesenvorteile, nicht nur in der gelebten Praxis, sondern auch als Geisteshaltung. Doch für mich stechen zwei weitere Vorteile heraus. Aus meiner Erfahrung mit zwei Büchern im Self Publishing habe ich besonders zwei Vorteile schätzen gelernt: Time und Timing, so nenne ich sie. Das sind zwei dicke Pluspunkte, da können Verlagsautoren richtig neidisch werden.

Timing im Self Publishing bedeutet, dass der Autor den Zeitpunkt seines Projektes selbst festlegen kann. Der Autor bestimmt den Zeitplan, kann Start, Ablauf und auch Ende nach eigenem Ermessen festsetzen. Ganz anders bei den Verlagen: Wenn ich die Zusage eines etablierten Verlagshauses erhalte, bedeutet dies, dass ich mich zunächst dem Fahrplan des Verlages unterordnen muss. Mit zwei Jahren Wartezeit meist.

Denn die Programmplanung der großen Verlage verlangt in der Regel einen langen Vorlauf. Neue Autoren müssen ans Ende der Warteschlange. Zwei Jahre Wartezeit kann beim Autor Frust erzeugen, es ist so, als ob man auf dem Bahnsteig zwei Stunden sehnsüchtig auf den dringenden Zug wartet. Auch dem Buch wird das Ausharren nicht gerade förderlich sein, Inhalt und Momentum können zwischenzeitlich austrocknen.

Hingegen kann ich im Self Publishing von jetzt auf gleich veröffentlichen. Als Autor entscheide ich, wann mein Buchprojekt marktreif ist. Mit wenigen Handgriffen ist mein Buch bei einem professionellen Dienstleister dann nächste Woche in den Katalogen. Mit diesen kurzen Fristen vermag ich besser auf Bedürfnisse der Leser und Leserinnen einzugehen. Aktualität, Jubiläen und Jahrestage finden Berücksichtigung, ich kann in den Flow hinein planen. 

Der zweite mindestens genauso große Vorteil ist für mich Time. Time bedeutet, ich kann durch eigene Maßnahmen die Zeitspanne des Buches beeinflussen. In den altbekannten Verlagen mit ihren festen Frühjahrs- und Herbstprogrammen ist ein Buch normalerweise nach drei, vier Monaten durch. Wenn es sich nicht als Seller herausstellen sollte, wie bei 80 Prozent aller Verlagstitel, wird es kalt abgehakt. Im Vertrieb, beim Marketing, bei Lesungen und der Pressearbeit spielt das Buch keine Rolle mehr.

Das schöne Buch, in dem jahrelange Anstrengung steckt, geht den Weg alles Irdischen. Abgeschrieben, ausgebucht und verramscht. Der Autor steht geknickt am Wegesrand. Eine Zeitlang wird der Titel als Backlist geführt, dann bietet der Verlag dem Autor wahrscheinlich an, die Restauflage aufzukaufen. Zum schlechten Schluss geht der Titel für Pfennigbeträge an die Reste-Verwerter des Modernen Antiquariats. Oder schlimmstenfalls ins Altpapier.

Sobald ich jedoch auch Entscheider über Time bin, kann ich Massnahmen zur Verlängerung des Lebenszyklus steuern. Aus dem Buch ist nicht nach wenigen Monaten die Luft heraus, vielmehr kann ich die Aufmerksamkeit – auf niedrigem Niveau mit meinen Bordmitteln natürlich – weiter und immer wieder aufs Neue anfachen. Ich kann Lesungen organisieren, in Social Media aktiv werden, mein Netzwerk nutzen.

Meine These: Im zweiten, mit Sicherheit im

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