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Tipps und Infos rund ums Schreiben und Verlegen

Carl von Lieser/Cläre Clüsserath: Moselochsen

Carl von Lieser
Moselochsen
Carl von Lieser/Cläre Clüsserath: Moselochsen.

Der Roman Moselochsen erzählt aus dem Leben der Großfamilie Monzel. Zwischen Trier und Bernkastel-Kues breitet sich eine rasante Familiengeschichte über drei Generationen hinweg aus. Besonders zwischen 1986, dem Tschernobyl-Gau, und der Corona-Pandemie 2020 horchen von Lieser und Clüsserath hinein in die Gefühlslage ihrer Heimatregion.

Die teuflisch vertrackte Geschichte einer moselländischen Großfamilie, so der Untertitel, ist ein Mix aus Fiktion und Realität. Das eine Dorf ist erfunden, das andere existiert tatsächlich. Manches mag sich tatsächlich so zugetragen haben, anderes wiederum ist herrlich fabuliert. Somit umschifft das Autorengespann jene scharfe Klippe, dass der eine oder andere sich im Geschehen wiedererkennen mag.

Was dem Leser allerdings auf jeder Seite schnell klar wird: Wir haben es in jedem Kapitel mit einem eigenwilligen, manchmal arglosen Menschenschlag zu tun. So gesehen ist das Buch eine Hommage an den knorrigen Mosellaner, an einen stets bodenständigen und im Grunde seines Herzen sympathischen Zeitgenossen. 

Und so breiten die Autoren ein Sozialgemälde aus, das Licht und Schatten des Lebens nicht ausspart. Liebe, Hochzeit und Geburt, aber auch Lug und Trug, gepanschter Wein und Flucht vor der Nuklearkatastrophe spielen ihre Rollen. Im Grunde erzählen die Autoren anhand der zahlreichen Protagonisten kleine Episoden von der Mosel, die sich dann zu einem großen bunten Mosaik zusammenfügen.

Carl von Lieser und Cläre Clüsserath verfügen über einen an vielen Stellen humorvollen Stil. Man liest, taucht ein, staunt – und fühlt sich kurzweilig unterhalten. Trotz

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Jaime Bayly: „Die Genies“ – Ein Schubs vom Sockel

Jaime Bayly
Mario Vargas Llosa
Gabriel Gacría Márquez
Jaime Bayly: Die Genies. Foto: W. Stock.

Der Kolumbianer Gabriel García Márquez und der Peruaner Mario Vargas Llosa lernen sich 1967 auf dem Flughafen von Caracas kennen. Eine jahrelange Freundschaft nimmt ihren Anfang. In Barcelona leben sie als Nachbarn im Sarrià-Viertel, sie planen gar gemeinsam einen Roman zu schreiben. Doch jäh findet die Eintracht zwischen beiden gefeierten Schriftstellern ihr Ende.

Aus heiterem Himmel, in einem Kinosaal in Mexiko Stadt, holt Vargas Llosa zu einen rechten Haken aus und schlägt den wesentlich kleineren García Márquez zu Boden, verpasst ihm ein blaues Auge und bricht ihm die Nase. „Dies ist für das, was du Patricia angetan hast!“, ruft der Peruaner erzürnt. Alle Anwesenden rätseln: Was ist passiert? Was bloß hat García Márquez der Frau von Vargas Llosa angetan?

Gleich im ersten Kapitel des Buches kommt Jaime Bayly zur Sache und schildert den bizarren Vorfall in Mexiko. Doch Baylys Roman ist mehr als die Chronik eines Schurkenstücks. Seine Erzählung beschreibt aus einer Innensicht die Jahre des lateinamerikanischen Booms anhand seiner wichtigsten Protagonisten. Im Wesentlichen folgt die Aufklärung der Causa der Biografie von MVLL, wie der Peruaner in seiner Heimat genannt wird, sowie dem Lebensweg von Gabito, so nennen Freunde den Kolumbianer.

Mit seinen skurrilen Szenen geht Baylys Blick arg durch das Schlüsselloch. Ein Literaturgigant ist um elf Uhr vormittags sturzbetrunken, ein anderer trinkt nur kalte Milch. Männer plustern sich auf als Weiberhelden und eitle Macho-Gockeln. Dabei werden sie von Finanzsorgen, Hämorrhoiden und Seitensprüngen heimgesucht wie der Verkäufer von der Imbissbude um die Ecke.

Der Leser wundert sich über die Schrullen und Affigkeiten der Nobel-Schriftsteller. Manche der erzählten Anekdoten ist wahr, vieles erfunden. So hat es Jaime Bayly schon in seinen vorherigen Büchern gehalten. Einiges ist autobiografisch, anderes frei fantasiert. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen. Diese Herangehensweise führt zur spielerischen Fragestellung auf der Metaebene: Ist dieser Jokus nun wahr oder dem Erfindungsreichtum des Jaime Bayly entsprungen?

Jaime Bayly, 1965 in Lima in Peru geboren, erzählt von Boom des Magischen Realismus. Von Pablo Neruda bis Carlos Fuentes kommt jeder Autor von Rang und Namen in Baylys Roman vor. Dieser Zug durch die Gemeinde ist reizvoll und macht traurig zugleich. Voller Reiz, weil er ein Wiedersehen mit den Idolen der Vergangenheit ermöglicht. Wehmütig, da mit dem Ableben von Mario Vargas Llosa im April 2025 diese goldene Literaturepoche endgültig ihr Ende gefunden hat.

Willi Zurbrüggen übersetzt die überdrehten Drolerien virtuos ins Deutsche. Wenn man am Ende dieser irren Geschichte den Buchdeckel zuklappt, bleibt man mit

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Wie Sie mit Vorträgen und Präsentationen überzeugen

Das neue Buch von Thomas Pyczak – TALK! – ist ein Leitfaden, um selbstbewusst und überzeugend zu sprechen und vorzutragen. Inhaltlich geht es darum, Ideen und Botschaften klar und wirkungsvoll zu präsentieren. Und damit geht es um Business Storytelling. 

Die Neuerscheinung gliedert sich in fünf Schwerpunkte:

  1. Recherchieren: die richtigen Fragen
  2. Storyfizieren: den roten Faden entwickeln
  3. Trainieren: die souveräne eigene Stimme
  4. Präsentieren: ein Gespräch mit dem Publikum führen
  5. Lernen: nach dem Vortrag ist vor dem Vortrag


Durch klug eingebaute Checklisten, Grafiken, Canvases und Arbeitsblätter erhält TALK! Handbuch-Charakter. Alles ist auf der Höhe der Zeit, der Bogen wird geschlagen von der antiken Rhetorik bis zur modernen KI. Immer an praktischen Beispiel illustriert, oft aus eigener Erfahrung, bleibt das Werk der gelebten Betriebspraxis verbunden. 

Man merkt beim Lesen, Thomas Pyczak ist ein erfahrener Coach und Trainer. Er breitet sein Denken und Erleben aus wie auf einem Küchentisch. Seine Einblicke und Erfahrungen als Führungskraft von Medienunternehmen sind kein Dogma, sondern bleiben ein Angebot an den Leser und die Leserin. Die Zusammenstellung der Ingredienzien überlässt er den Nutzern, zu unterschiedlich sind die Einzelfälle und die jeweiligen Herausforderungen.

Das Buch überzeugt nicht zuletzt durch zahlreiche praktische Tipps und Tricks. Im Grunde genommen geht es immer um eine Frage: What’s your Story? Wer eine Geschichte erzählen kann, der kann auch Botschaften setzten. Das Rüstzeug, die Dramaturgie zum Erfolg, findet der Leser in diesem Buch.

Sowohl Einsteiger als auch Profis können Nutzen aus dieser reichhaltigen Neuerscheinung ziehen. In TALK! hat Thomas Pyczak wunderbar seine Arbeitsschwerpunkte Storytelling, Strategie, Leadership und Purpose zusammengebracht. Die Tiefe und Breite der Qualität lassen einen Longseller für möglich erscheinen.

Thomas Pyczak:
TALK!
Paperback, 325 Seiten
Rheinwerk Computing Verlag
24,90 Euro

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10 ultimative Tipps für besseres Schreiben

  1. Alliterationen – alle Autoren auf Abstand!
  2. Vermeide billige Phrasen! Alles alte Hüte.
  3. Vergleiche sind so schlecht wie Phrasen.
  4. Schließe niemals einen Satz mit einer Präposition ab.
  5. Sei mehr oder weniger konkret.
  6. Autoren sollten niemals generalisieren.
  7. Keine Wiederholungen! Niemals mehr Wörter als nötig!
  8. Untertreibung ist millionenfach besser als Übertreibung.
  9. Verständlich schreiben statt hermeneutischer Exegese!
  10. Vermeide auf alle Fälle, cum grano salis, lateinische Sinnsprüche!

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Ein Wochenende mit Ernest Hemingway – Workshop in Bensberg

Thomas Morus Akademie
Ernest Hemingway
In diesem wunderbaren Anwesen wird zwei Tage über Ernest Hemingway gesprochen. Die Thomas Morus Akademie in Bensberg bei Köln. Foto: TMA Presse.

Ein besonderes Seminar: das ganze Wochenende über erstklassige Literatur reden. An Person und Werk von Ernest Hemingway wollen wir aufzeigen, was einen erstklassigen Literaten und unsterbliche Literatur ausmacht. Es könnte interessant werden, am Wochenende 16. und 17. November 2024 in Bensberg bei Köln. Interessante Einblicke in das Werk des Nobelpreisträgers von 1954 und sicherlich auch anregende Diskussionen. Ich habe die Ehre und Freude, dort als Referent aufzutreten. 

Die Mindestteilnehmerzahl ist locker übertroffen, der Workshop findet auf jeden Fall statt. Es sind nur noch wenige Plätze frei. Im Übrigen tut sich hier ein Schnäppchen auf: inklusive Kost und Logis in einem atemberaubenden Seminarzentrum. Und dies zu einem überaus verträglichen Preis. Wer sich von Ernest Hemingway inspirieren lassen will, der ist Mitte November in Bensberg jedenfalls am richtigen Ort.

Ernest Hemingway ist zentraler Gestalter der Literatur des 20. Jahrhunderts. Dabei ist er nicht unumstritten. Angriffsflächen bietet ein Schriftsteller mit einem derartigen Ego genug. Die Kritik ist laut: Er sei ein Macho, ein Tierquäler, ein Alkoholiker. Nicht viel besser sein Werk. Stiere, die zum Vergnügen abgeschlachtet werden. Antilopen, die er auf Safaris erlegt. Fische, die nach langem Kampf an den Haken kommen. Dieser Kerl tut einiges für sein schlechtes Image.

Doch Vorsicht! Ernest Hemingway will mehr als nur eine blutige Geschichte erzählen. Seine Romane um Sieg und Niederlage dringen tief ins Innere vor. Wie sonst wäre sein Erfolg zu erklären! Ihm geht es um etwas anderes: um Liebe und Würde. In Würde verlieren, so wie sein alter Mann, der einfache kubanische Fischer Santiago. Darum geht es. Man kann verlieren, so will Hemingway sagen, aber man muss seine Würde wahren.

Entdecken Sie Hemingways Werk (neu), diskutieren Sie mit und bringen Sie gern auch eigene Texte in die „Schreibwerkstatt“ am Sonntag Vormittag mit.

Programm
Samstag, den 16. November 2024

14.00 Uhr
Auf Abenteuerreise mit Ernest Hemingway
Fünf Wochen mit dem Nobelpreisträger in Cabo Blanco, Peru

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
Ein Mensch mit zwei Gesichtern
Psychogramm eines innerlich Zerrissenen

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Revolutionär und Klassiker
Die literarische Entwicklung des Ernest Hemingway

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

 Sonntag, den 17. November 2024 

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes
in der Edith-Stein-Kapelle

9.45 Uhr
Schreibwerkstatt:
Schreiben wie Ernest Hemingway – Wie schrieb Ernest Hemingway?
– Was macht einen guten Buchtitel aus?

– Die Magie des ersten Satzes.
(Wer unter den Teilnehmern schon veröffentlicht oder etwas in der Schublade hat: Sie sind eingeladen, Ihren Text mitzubringen.)

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Der beste Reiseführer weit und breit
Eine Weltreise zu

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Das ist Klugheit

Kurt Tucholsky, 1890 – 1935

Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
Kurt Tucholsky

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Eine etwas andere Sicht auf berühmte Autoren: Actionszenen der Weltliteratur

111 Actionszenen der Weltliteratur
Eine bemerkenswerte Neuerscheinung. Die andere Bibliothek: 111 Actionszenen der Weltliteratur.

In diesem neuen Buch zeigen sich gefeierte Autorinnen und Autoren der Weltliteratur, wie wir sie bislang nicht kannten: mitten im Geschehen, im Nahkampf und im Getümmel. Als Schurken, Opfer oder Helden. Tolstoi, Proust, Shelley und viele andere in Action!

Der Leser ist mit dabei, als Cervantes in der Schlacht von Lepanto kämpfte. Als Tolstoi von einem Bären gebissen wurde. Als Jules Verne Achterbahn fuhr und Antoine de Saint-Exupéry vier Bruchlandungen überstand. Als die Schwestern Brontë den Weltuntergang erlebten. Als Marcel Proust sich duellierte und die Polizei nach Agatha Christie fahndete. Als Mary Shelley am Genfer See ihr Monster traf und Emily Dickinson den Sturm der Liebe erlebte. Als Bob Dylan sich in Woodstock das Genick brach und David Foster Wallace im Fitnessklub zu Boden ging.

Diese Neuerscheinung sammelt die besten Geschichten aus der beliebten Serie in der LITERARISCHEN WELT, herausgegeben von Mara Delius und Marc Reichwein. Die großartige grafische und editorische Gestaltung dieser Novität durch Manja Hellpap im Rahmen der Anderen Bibliothek im Aufbau Verlag bleibt hervorzuheben.

Und auch Ernest Hemingway mischt bei den Actionszenen mit. Wie sollte es anders sein! Ich habe in dem Band die Ehre, von seinen beiden Flugabstürzen in Ostafrika zu erzählen. Schlimm, die beiden Unglücke im Jahr 1954 bilden so etwas wie den gesundheitlichen Kipppunkt seines Lebens. Aber der Haudegen aus Oak Park bei Chicago nimmt das Schicksal mit Galgenhumor. Denn er ahnt, was da kommen wird.

Mara Delius, Marc Reichwein (Herausgeber):
111 Actionszenen der Weltliteratur
Verlag Die Andere Bibliothek
ISBN 978-3-8477-0483-6
384 Seiten

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Schreiben wie Ernest Hemingway – Workshop in Bensberg

Die großartige Thomas-Morus-Akademie in Bergisch-Gladbach. Foto: TMA Presse.

Jeder, der sich mit Sprache beschäftigt, kommt nicht vorbei an Ernest Hemingway. Er ist zentraler Gestalter der Literatur des 20. Jahrhunderts. In diesem Jahr feiert der bärtige Nobelpreisträger (1899 – 1961) seinen 125. Geburtstag.

Unsterblichkeit ist sein Ziel gewesen. Die hat er ja auch irgendwie bekommen, auch wenn er seit über 60 Jahren auf dem Dorffriedhof von Ketchum in den Rocky Mountains liegt. Angriffsflächen bietet ein Schriftsteller mit einem derartigen Ego genug.

Die Kritik ist hörbar: Er sei ein Macho, ein Frauenfeind, ein Tierquäler, ein Alkoholiker. Nicht viel besser sein Werk. Stiere, die zum Vergnügen abgeschlachtet werden. Antilopen, die er auf Safaris erlegt. Fische, die nach langem Kampf an den Haken kommen.

Doch Ernest Hemingway will mehr als nur eine blutige Geschichte erzählen. Seine Romane um Sieg und Niederlage wollen tief ins Innere vordringen.  Letztlich geht es ihm vor allem um Liebe und Würde. In Würde verlieren, so wie sein alter Mann, der einfache Fischer Santiago. Gerade darum geht es. Jeder Mensch, das will uns Ernest Hemingway mitteilen, kann seine Würde wahren.

Wir laden Sie herzlich nach Bensberg ein. Entdecken Sie Hemingways Werk (neu), diskutieren Sie mit und bringen Sie gern auch eigene Texte in die „Schreibwerkstatt“ am Sonntag Vormittag mit.

Wir freuen uns auf Sie!

Felicitas Esser, Akademiereferentin

Programm
Samstag, den 16. November 2024

14.00 Uhr
Auf Abenteuerreise mit Ernest Hemingway
Fünf Wochen mit dem Nobelpreisträger in Cabo Blanco, Peru

15.30 Uhr
Kaffee- und Teepause

15.45 Uhr
Ein Mensch mit zwei Gesichtern
Psychogramm eines innerlich Zerrissenen

18.00 Uhr
Abendessen

19.15 Uhr
Revolutionär und Klassiker
Werk und Leistung des Autors Ernest Hemingway

21.30 Uhr
Ende des Veranstaltungstages

 Sonntag, den 17. November 2024 

ab 7.00 Uhr
Frühstück für Übernachtungsgäste

8.00 Uhr
Gelegenheit zum Besuch eines katholischen Gottesdienstes
in der Edith-Stein-Kapelle

9.45 Uhr
Schreibwerkstatt: Schreiben wie Ernest Hemingway
– Wie schrieb Ernest Hemingway?
(Wer unter den Teilnehmern schon veröffentlicht oder etwas in der Schublade hat: Sie sind eingeladen, Ihren Text mitzubringen.)

11.15 Uhr
Kaffee- und Teepause

11.30 Uhr
Der beste Reiseführer weit und breit
Eine Weltreise zu Ernest Hemingways Schauplätzen

13.00 Uhr

Mittagessen
14.00 Uhr

Ende der Veranstaltung

Referent

  • Dr. Wolfgang Stock, Autor und Hemingway-Biograf; Gründer: www.hemingwayswelt.de

Leitung

  • Felicitas Esser, Thomas-Morus-Akademie Bensberg

Hier der

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Was zeichnet einen guten Lektor aus?

Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne zugespitzt. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Ein Lektor ist eine Art Geburtshelfer. Er hilft dem Baby – hier ein Baby namens Buch – auf die Welt. Er holt das Beste aus einem Projekt. Nicht nur in Bezug auf den Text, sondern auch bei Aufbau, Überschriften und Klappentexte. Darüber hinaus ist er oder sie Berater bei Titelfindung und Cover.

Was also muss ein guter Lektor können? Er muss zunächst sprachlich regelfest sein. Orthografie, Grammatik, Stilkunde, Tempi, Satzbau – das darf alles kein Problem darstellen. Er muss dazu ein gutes Sprachgefühl mitbringen. Sich in der Welt der Literatur auskennen, kein Fehler. Das alles ist Grundvoraussetzung. Die Pflicht.

Jetzt kommt die Kür: Ein guter Lektor muss ein Gefühl für die Zielgruppe entwickeln. Auf den Einzelfall herunter gebrochen, muss ein Lektor sich in den Buchautor und das Thema einfühlen können. Die Chemie zwischen Autor und Lektor muss deshalb stimmen. Es muss sich ein Vertrauensverhältnis entwickeln, denn viele Autoren packen ihre Seele aus. Übrigens, für unsympathische Menschen kann ich nicht lektorieren, auch für Menschen nicht, deren Attitude mir contre coeur geht. 

Wenn’s hart auf hart kommt, muss der Lektor selbst ein Buch schreiben können. Ist mir zwei, drei mal passiert. Der Autor liefert kurz vor Drucktermin ein Manuskript ab, das vorne und hinten nicht stimmt. Komplett unbrauchbar. Weil der Autor mit den Nerven am Ende ist, muss der Lektor ran. Ich habe dann das Manuskript übers Wochenende mitgenommen und neu geschrieben. Am Montag lag es vor, Autor und Verlag sind erleichtert.

Allgemeine Tugenden wie Präzision, Hartnäckigkeit und Geduld – alles nicht verkehrt. Dazu Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und Empathie. Das sind alles eher prinzipielle Eigenschaften fürs Berufsleben. Bei einem Lektor oder einer Lektorin muss noch etwas dazu kommen.

Wichtig ist mir folgende Eigenschaft: Ein Lektor sollte mehr Fragen stellen als Antworten geben. Eine Beurteilung sollte immer begründet und rein auf Verbesserung des Textes konzentriert sein. Niemals an der Person festmachen. Denn gute Kritik ist Liebe! Fehler sollten nie als etwas Negatives auffasst werden, sondern immer als wertvoller Schritt im Verbesserungsprozess.

Sehr wichtig: Man muss mit Menschen umgehen können. Ein Lektor betreut nicht nur ein Manuskript, sondern auch den dazu gehörigen Autor. Kommunikationsfreunde kann nicht schaden. Ich hatte als Lektor mit Autoren zu tun, die Millionen Bücher verkauft haben, sogar ein namhafter Nobelpreisträger war darunter. Die Zusammenarbeit ist meist spannend und bereichernd, bisweilen auch schwierig und herausfordernd. Übrigens habe ich die Erfahrung gemacht, je arrivierter der Autor, desto einfacher das Zusammenspiel.

Die Arbeit eines guten Lektors sollte nicht mit der Abgabe an den Hersteller oder Drucker enden. Ein guter Lektor ist auch nach Beendigung des Projektes für seinen Autor da. Er informiert über Verkaufszahlen, bereitet bei Erfolg Nachauflagen vor, er tröstet bei schlechtem Verkauf und animiert für neue Projekte bei gutem Verkauf.

Eine meiner Lieblingseigenschaften:

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Jeder Autor sollte ein Alleinstellungsmerkmal besitzen

Die launige Meinungs-Kolumne.
Gerne subjektiv. Nicht die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit. Von Wolfgang Stock, Ex-Cheflektor ECON Verlag.
Foto: Daniel Biskup.

Jeder gute Autor sollte eine Besonderheit besitzen, die ihn auszeichnet und abhebt im Wettbewerb. Wenn ein Buch kein solches Alleinstellungsmerkmal hat, kann es nur schwer aus dem Konkurrenzfeld herausstechen. Kunden können nicht gut erkennen, warum sie dieses Buch und nicht jenes daneben kaufen sollten. 

Gerade im überbesetzten Buchmarkt mit jährlich 80.000 Neuerscheinungen gilt: Je stärker ein Markt umkämpft wird, desto klarer muss das Alleinstellungsmerkmal sichtbar sein. Dabei ist der Terminus Alleinstellungsmerkmal ein ziemlich schillernder Begriff aus dem Marketing und der Verkaufspsychologie. 

Viele verstehen ihn qualitativ, als etwas ganz und gar Außergewöhnliches. Der Größte, der Schönste, der Einzige. Eine solch absolute Sichtweise führt jedoch kräftig am Thema vorbei. Alleinstellung bedeutet beileibe nicht etwas Einmaliges oder etwas Bombastisches. Solches ist unter Hunderttausenden Anbietern für den Einzelne unmöglich zu stemmen und macht in der Autorenwelt auch keinen Sinn.

Oft reicht es, wahrhaftig zu sein. Lassen Sie mich dies mit einem meiner Lieblingswitze illustrieren. Drei Friseuren haben ihre Läden in Manhattan in einer Strasse direkt nebeneinander. Tür an Tür. Der beste Friseur in Manhattan, das hat der erste aufs Firmenschild geschrieben. Der beste Friseur in ganz New York, so hat sein Nachbar, der zweite Friseur, im Schaufenster gekontert. Und welches Werbeschild hängt der dritte Friseur auf? Der schreibt schlicht und einfach: Der beste Friseur in dieser Strasse

Nicht nur Friseure, sondern auch Buchautoren überzeugen mit ihrer Alleinstellung nur, wenn sie in ihrer Kommunikation authentisch bleiben. Am besten fängt man damit an, herauszuarbeiten, was einen als Autor oder Autorin so besonders macht. Was unterscheidet mich als Autor von den vielen anderen Buchautoren? Worin begründet sich meine Unverwechselbarkeit?

Bevor die erste Zeile geschrieben ist, sollte man sich zuerst Gedanken machen über die eigenen Stärken. Wer bin ich als Autor und was kann ich besonders gut? Irgendwann wird es dann auf die zweite wichtige Frage zulaufen, die es bestmöglich zu beantworten gilt: Für wen schreibe ich? Wer sind meine Käufer und Leser? Denn meine Zielgruppe beeinflusst mit, was und wie ich schreibe.

Wenn ich mir über die eigene Stärke und meine Zielgruppe im Klaren bin, sollte als nächster Punkt die wohl wichtigste Frage geklärt werden: Welchen Nutzen biete ich als Buchautor meinen Lesern? Als Autor muss ich dem Käufer einen konkreten Nutzen bieten. Ein Nutzen, der als Wert in der betreffenden Leserschaft anerkannt sein muss. Dies kann eine Problemlösung in Form eines Ratgebers sein oder auch die Kurzweil eines Thrillers.

Aus den drei Bausteinen eigene Stärke, avisierte Zielgruppe und wirklicher Nutzen sollte man eigentlich seinem individuellen Alleinstellungsmerkmal näher kommen. Am Ende all dieser Überlegungen muss jeder Autor dann ehrlich eine Frage beantworten: Welchen Mehrwert bietet meine Arbeit? Nur wenn man diese Frage gescheit beantworten kann, macht das Schreiben für Publikum Sinn.  

Besonders fürs Marketing ist das Herausarbeiten der Alleinstellung wichtig. Dabei ist

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